Der Most geht aus
Aktuell wird uns vor Augen geführt, wie unberechenbar die Arbeit mit der Natur ist: Der Most ist kurz davor, auszugehen.
Schuld daran ist der Frost im letzten April. Der Frühling hatte früh gestartet und die Bäume trieben viel zu früh Blüte. Dann wurde es im April nochmal so richtig kalt, mit Minustemperaturen. Ein Todesurteil für die Obstblüten. Ein Apfelbaum produziert sonst bei jeder Blüte einen Apfel. Wo diese abgefroren ist, kommt kein Apfel mehr. 50% Einbussen hatten wir bei den Äpfeln, bei den Kirschen hatten wir praktisch einen Komplettausfall.
IMPORT IST KEINE OPTION
Und so ging es fast der ganzen Schweiz. Schon im Herbst mussten wir Äpfel aus anderen Schweizer Betrieben zukaufen, um weiterhin Most produzieren zu können. Doch langsam sind auch diese Vorräte erschöpft. Der Detailhandel fängt sogar an, Äpfel aus Holland und Chile zu importieren. «Davon sehen wir ab», erklärt Obstbauchef Stefan Bächli, «das würde sich schlecht vereinbaren lassen mit unserer Betriebsphilosophie des Regionalen und Eigenanbau». Das bedeutet aber auch, dass wir innerhalb der nächsten Wochen keinen Most mehr haben werden.
Der Vorrat an pasteurisiertem Most in Bag-in-Boxen reicht je nach Standort noch ca. 3 Wochen. Danach sind die Vorräte erschöpft. Dann gibt es nur noch frischen Most aus den Ballonflaschen. Doch auch der dürfte rasch aus sein. «Für die Produktion von frischem Most haben wir soeben wieder Schweizer Äpfel zugekauft. Die ergeben ca. 7000 Liter Süssmost. Und der reicht – je nach Wetter – noch so 2 bis 8 Wochen», sagt Stefan Bächli. Ob er danach nochmal Äpfel kriege sei unklar, denn der Notstand betreffe die ganze Schweiz. Es könne jederzeit Ebbe sein.
AUCH KEINE EIGENEN TAFELÄPFEL
Tafeläpfel haben wir bereits seit 1-2 Wochen keine eigenen mehr. «Normalerweise ist das erst ca. im Juni oder Juli der Fall», sagt Stefan Bächli. Zukaufen sei schon immer nötig gewesen, denn die betriebseigene Fläche decke die grosse Nachfrage auf den Höfen nicht. Insbesondere, seit man sich in der HofChuchi und in der HofManufaktur noch stärker auf hofeigene Produkte fokussiere.
60’000 Franken kostet uns der Verzicht, Äpfel zu importieren. «Das letzte Mal, dass uns die Äpfel ausgingen, war nach dem Hitzesommer 2003. Da war es schlicht zu trocken. Es gab wenige und kleine Äpfel.
Dieses Jahr bleibt uns nichts anderes übrig, als den Sommer mit hofeigenem Eistee, unserem «Hoftee» zu überbrücken. Unsere Gäste müssen wohl oder übel ohne unseren feinen Most auskommen. «Hier haben wir eine Erfahrung «light», wie es früher war, bevor mit Lebensmitteln weltweit gehandelt wurde. Missernten haben richtig weh getan. Nach so einem Frost gab es dann halt einfach mal keine Äpfel mehr», so Stefan Bächli.
Neue eigene Äpfel dürfte es gemäss unserem Obstbauchef erst ab Juli wieder geben: «Das sind aber erst einige wenige frühe Sommeräpfel. Daraus kann man noch nicht gross Most machen. Eigenen Most gibt es dann erst wieder im September».
Immerhin: Bei den aktuellen Temperaturen ist die Gefahr, dass die Bäume wie letztes Jahr blühend einem Frost zum Opfer fallen relativ gering. Es kann nur noch besser kommen.
NACHTRAG JULI 2018:
NACHDEM WIR BIS LETZTE WOCHE IMMER NOCH IRGENDWO SCHWEIZER ÄPFEL AUFTREIBEN KONNTEN, UM MOST ZU MACHEN, IST JETZT LEIDER DEFINITIV SCHLUSS. NUN MÜSSEN WIR NOCH 2 MONATE GEDULD HABEN, BIS ES DEN FRISCH GEPRESSTEN SÜSSMOST WIEDER GIBT. SCHORLI HAT ES MOMENTAN NOCH EIGENES, ABER AUCH DAS DÜRFTE AUSGEHEN, BEVOR WIR NACHPRODUZIEREN KÖNNEN.
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