Abstieg ins Hölloch
Im Rahmen der neugegründeten HofAkademie gings in die Tiefe. Und zwar ins Hölloch im Muotathal. Es war der Abschluss des Führungslehrgangs. 200 km an Gängen sind bis heute bekannt. Diese machen das Höhlensystem zu einem der grössten der Welt und zu einem tollen Ort für Teambildung der abenteuerlichen Art. Da ich den Abstieg offensichtlich überlebt habe, kann ich nun exklusiv berichten…
Abstieg in die Höhle
Ausgerüstet mit Overall, Gummistiefeln, Helm, Stirnlampe und Handschuhen betreten wir um ca. 10 Uhr das Tor zum Hölloch. Draussen ist es mild für einen Novembertag, die Bäume sind farbig, die Luft riecht nach Moos. Kaum im Hölloch drin, schliesst unser Guide «Päsche» das Tor (Trecking.ch). Schlagartig verändert sich die Welt. Es ist dunkel, kühl (durchschnittlich 6-7 Grad), feucht (100% Luftfeuchtigkeit). Wir adjustieren unsere Stirnlampen und dringen langsam tiefer in die Höhle ein. Päsche führt uns nicht entlang der Hauptgänge, denen man aufrecht folgen kann, sondern in Zwischengänge. Diese sind enger, tiefer, herausfordernder.
Eine erste Challenge steht an. Das Loch durch das wir uns hindurchzwängen müssen ist gerade mal so hoch, dass man liegend durchkommt. Vorausgesetzt der Bauchumfang lässt es zu. Ich muss einmal tief durchatmen. Zuerst weiss ich gar nicht recht, wie ich vorwärts komme, doch dann merke ich, dass ich mich an Steinen vorwärtsziehen und mit den Füssen abstossen kann. Geschafft, ich bin durch.
Fragen im Dunkeln
Immer wieder machen wir Pause, meist löschen wir dann die Lichter. Es ist stockdunkel. Am Morgen haben wir alle eine Frage erhalten, zu der wir uns im Laufe des Tages äussern sollen. Immer während den Pausen ist jemand anderes an der Reihe mit seiner Frage. Meine Frage lautete, wie ich die Fehler- und Konfliktkultur bei Jucker Farm beurteile und wo es Verbesserungspotential gibt. Zu Diskutieren in der Dunkelheit, wo man die Mimik der anderen nicht deuten kann, ist sehr speziell. Auch dass man unter tonnenweise Felsen steckt, gibt der Situation das gewisse Etwas. Die restlichen Fragen drehten sich ebenfalls rund um die Kultur und Zukunft von Jucker Farm. Wir sprachen Themen wie Veränderungen, Feedbackkultur oder das Werteverständnis an. Alle diese Themen besprechen wir sonst am Bürotisch, meist in anderer Zusammensetzung.
In der Höhle vergisst man die Zeit. Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist. Als Päsche Brötchen verteilt, erinnert mich mein Hungergefühl daran, dass es wohl Mittagszeit sein müsste. Päsche erklärt, dass Menschen, die mehrere Tage in der Höhle verbringen, das Zeitgefühl verlieren. Gruppen, die 21 Tage in der Höhle waren wurden gefragt, wie lange sie das empfunden hätten. Die meistgenannte Antwort ist 14 Tage. Es ist eine schöne Abwechslung zur hektischen Welt draussen an der Oberfläche.
Eine Frage des Vertrauens
Während einer weiteren Pause nimmt Päsche einen von uns mit – Mario, unseren Küchenchef. Mario kommt alleine zurück und hat eine weitere Challenge für uns auf Lager. Wir versammeln uns alle vor einem schmalen Tunnel, der relativ steil ansteigt. Mario erklärt uns, dass wir jetzt alle die Lampen abschalten sollen. Ziel ist, dass wir ohne Licht bis ans Ende des Tunnels kommen. Wir müssen uns immer an der Person vor und hinter uns orientieren. Mario gibt Anweisungen, er hat den Weg mit Licht bereits gemacht.
Zuerst habe ich nicht Angst - aber Respekt. Ich reihe mich ein, hinter Martin Jucker, vor Beat Jucker. «Im Jucker-Sandwich,» witzelt Beat. Martin kriecht voran, immer wieder hält er an und wartet, bis ich Kontakt mit seinen Stiefeln habe. Ich wiederum warte, bis Beat aufschliesst. Von vorne hallen Tipps und Anweisungen zu mir wie «Achtung, rechts hat’s eine Pfütze» oder «Links halten, es wird schmal». Ich gebe die Anweisungen weiter. Mein Kopf ist vollkommen bei der Sache. Die Tatsache, dass ich im Dunkeln in einem schmalen Tunnel unter Tonnen von Gestein stecke, verdränge ich erfolgreich. Am Ende angekommen ist die Stimmung gut, wir haben es geschafft, ohne Licht. Päsche gratuliert und erklärt: «Macht man diese Übung alleine, sind die Gefühle am Ende meistens negativ. So was löst extremen Stress aus. Aber gemeinsam in der Gruppe ist es ein positives Erlebnis. Man unterstützt sich gegenseitig, da man sich vertraut.»
Teamspirit
Während des ganzen Tags merken wir, wie wir uns gegenseitig unterstützen. Sei das durch motivierende Worte oder helfende Hände. Ich glaube, ich hätte diese Tour alleine nicht geschafft. Es war sehr herausfordernd für Körper und Geist. Bei vielen Herausforderungen stand der Kopf im Weg. Fragen wie «Schaffe ich das?» oder «Komme ich da durch?» sind manchmal schwieriger zu überwinden als das Hindernis an sich. Doch im Team gelang es mehr oder weniger spielerisch.
Mein Fazit; Höhlenforscherin werde ich bestimmt nicht, aber ich würde jederzeit wieder in so einem Rahmen ins Hölloch absteigen. Päsche schloss das Abenteuer schön ab mit den Worten: «Das Leben besteht aus Tagen, an die man sich erinnert.» Und ich bin fest überzeugt, dass wir uns alle immer an diesen Tag erinnern werden, den wir als Team erfolgreich gemeistert haben. Dieses Gefühl nehmen wir mit in den Alltag, wo die Zeit wieder vorbeihuscht.
Noch keine Kommentare zu “Abstieg ins Hölloch”