Wie kamen die Juckers zum Kürbis?
Jahr für Jahr zieren Tausende von Kürbissen die Höfe der Jucker Farm. Mittlerweile gehören vier Betriebe dazu. Von Norden nach Süden: Der Spargelhof in Rafz, der Römerhof in Kloten, der Juckerhof in Seegräben und der Bächlihof in Jona.
In allen Formen und Farben werden die Kürbisse dargeboten: In grossen Kisten, aufgereiht entlang der Dachrinnen, auf Regalen oder sie hängen an imposanten Figuren. Tausende Besucher strömen jedes Jahr auf die Jucker Farm Höfe – der Kürbis ist ein unglaublicher Besuchermagnet, auch 20 Jahre nach der ersten «Kürbisausstellung».
Doch wie kam es überhaupt soweit? Wie kamen Beat und Martin Jucker damals «auf den Kürbis»?
Aus der Not entstanden
Angefangen hat alles auf dem Juckerhof in Seegräben, auf dem Martin und Beat aufgewachsen sind. Mitte der 90er Jahre erfror eine Parzelle von 30 Aren mit neu gepflanzten Obstbäumen. Diese wollte die Familie Jucker trotzdem nutzen und entschied sich, darauf einfach Gemüse anzupflanzen – unter anderem auch Kürbis. Im Frühling wurde gesetzt, aber dann ging die Parzelle mehrheitlich vergessen.
Beat Jucker sagt: «Ich hatte im Prinzip keine Ahnung, was ich da gepflanzt hatte. Vor dem ersten Frost machte meine Mutter mich darauf aufmerksam, was denn eigentlich mit den ganzen Kürbissen sei. Da bin ich mal schauen gegangen.»
Auf dem Feld traf Jucker auf unterschiedliche Kürbisse. Darunter auch Bischofsmützen, von denen er dachte, sie wären von Spitzmäusen angefressen worden. «Heute weiss ich, dass die so aussehen müssen», sagt Beat. Die anderen rund 400 Kürbisse nahm er mit auf den Hof und stapelte sie neben dem Hoflädeli auf. Innert 2 Tagen waren alle komplett verkauft. «Wir dachten, wenn das so gut ankommt, könnte man das ja ausbauen».
Kürbis-Odyssee nach Frankreich
Im Winter darauf, 1997, ist Beat in der Zeitung auf einen Bericht über einen französischen Bauern gestossen, der Carrefour mit Kürbissen beliefert habe. «Also bin ich Anfang März mit meiner Freundin zu diesem Bauern gefahren. Ohne ein Wort Französisch zu können. Es war auch gar niemand da. Wir haben erst mal 2 Stunden gewartet. Am Ende sind wir dann aber mit 70 verschiedenen Kürbissorten heimgefahren», erzählt Beat Jucker.
Aber um all die Kürbissorten anzupflanzen fehlte den Brüdern das Land und sie pachteten kurzerhand 2,5 Hektaren von einem Kollegen. «Wir hatten keine Ahnung, wie man das macht. Die Kürbisse hatten sehr viel Unkraut, wir trafen hier überhaupt keine Vorsichtsmassnahmen. Dann hatten wir im Herbst unseren Hofladen umgebaut und wollten ihn zum Bettag eröffnen. Da dachte ich mir: Jetzt hole ich die Kürbisse zur Dekoration, die sind sicher schon reif», so Jucker.
Erfunden haben’s die Kunden
Auch diese Kürbisse stapelten die Brüder nach Sorten getrennt auf dem Hofplatz auf. «Per Zufall berichtete just vor der Eröffnung die NZZ über den schön dekorierten Hof und es kamen unglaublich viele Leute. Und die meinten: Hey, so schön, dass ihr eine Kürbisausstellung macht!». Die Kürbisausstellung war also gar nicht Juckers Erfindung, sondern die ihrer Kunden.
Und wie haben sie die Kürbisausstellung nachhaltig gross gemacht?
Im Marketing gut aufgepasst
Im Winter darauf besuchten die beiden Brüder eine Weiterbildung am Institut für Unternehmensschulung und haben ihrem Marketinglehrer gut zugehört: «Marketing ist wichtig, weil das wirkt gezielt», habe er gesagt.
Noch während dieser Lektion haben die beiden Brüder kurzerhand entschieden, dass die nächste Kürbisausstellung, die weltgrösste werden müsse. Dann wäre die Wirkung sicher noch grösser. Gesagt, getan! Und im Herbst 1998 kamen 150'000 Leute zur Ausstellung.
1999 hatten sie immer noch nicht genug und wollten 300'000 Besucher. Als Eyecatcher sollte die weltgrösste Kürbispyramide gebaut werden. 15 Meter hoch sollte sie werden. Und tatsächlich: «Es kamen wirklich so viele Leute. Das kam sogar in der NY-Times. Es gab ein Festzelt und Extrabusse. Es haben 70 Leute an der Ausstellung gearbeitet – ein Riesenerfolg – aber Geld verdient haben wir keines», sagt Beat Jucker schmunzelnd. Zudem habe man das kleine Dörfchen Seegräben und die betriebliche Infrastruktur komplett überfordert mit den Menschenmassen.
Die Erfindung der Kürbisfiguren
Man habe dann gemerkt, dass man die weltgrösste Kürbisausstellung im Ausland machen müsse. Per Zufall lernten sie die Leute des Blühenden Barocks, der wunderschönen Gartenanlage des Schlosses Ludwigsburg bei Stuttgart kennen. Hier gab es den Platz und die Infrastruktur für Juckers Vorhaben. Und bei der Planung der nächsten Ausstellung sei man darauf gekommen, dass man die Ausstellung durch Objekte spannender machen könnte. Und so kam es im Jahr 2000 zur Idee der Kürbisfiguren, die von Beginn an mit Pit Ruge als künstlerischem Direktor umgesetzt wurden.
Ruhe nach dem Sturm
Seither hat sich die Kürbisausstellung laufend weiterentwickelt. In die Organisation ist eine gewisse Ruhe eingekehrt, die Planung systematisch, die Ideen nicht mehr ganz so verrückt wie vor 20 Jahren.
Mittlerweile werden die Kürbisausstellungen in ganz Europa auch an diverse Ausflugsziele und Einkaufscenter erfolgreich vermietet.
Und etwas hat sich nicht verändert: Der Kürbis begeistert die Massen immer noch jeden Herbst. Ein Ende ist nicht in Sicht.
*Anmerkung: Der Artikel basiert auf einem Gespräch von Nadine Gloor mit Beat Jucker im Podcast «FarmTalk» (FarmTalk N°13: Kürbisausstellung), der auf allen gängigen Podcast-Plattformen gehört werden kann.
Tipp: Beat hat noch mehr lustige «Müsterchen» aus dem Nähkästchen. Reinhören lohnt sich 😉
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