Vollbart statt Glattrasur für den Boden
Der Winter ist hereingebrochen, auf dem Feld ist etwas Ruhe eingekehrt – wenn auch nicht ganz. Denn Wintergemüse wird nach wie vor geerntet, sofern es die Bedingungen zulassen.
Vielleicht erinnert ihr euch, dass wir vor einem knappen Jahr davon erzählt haben, dass wir uns in der Umstellung zur regenerativen Landwirtschaft befinden. Auch wenn es diesbezüglich in den letzten Wochen ruhiger war, ist das Thema noch längst nicht abgeschlossen.
Bereits im Herbst haben wir weitere Massnahmen getroffen, die unseren Boden längerfristig aufwerten sollen. Eins der 5 Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft ist nämlich, den Boden nie unbedeckt zu lassen. Offener Acker ist also quasi «verboten».
Warum muss der immer bepflanzt sein?
Eine ständige Bodenbedeckung hat im Wesentlichen ein Ziel: Den Boden längerfristig fruchtbar zu halten. Vorhandene Nährstoffe sollen möglichst im Boden gehalten werden. Wenn möglich, sollen immer lebende Wurzeln im Boden belassen werden, da sie die Nährstoffe speichern und kontinuierlich im Austausch mit ihm stehen
Eine ständige Begrünung kann zum Beispiel durch Gründüngung, durch das Anbauen von Zwischenfrüchten oder durch das Stehenlassen von Pflanzenrückständen geschehen. Oder man setzt auf mehrjährige Pflanzen, auf Permakultur-Strukturen oder Agroforstwirtschaft (Quelle: agricultura-regeneratio.ch).
Diese Elemente lockern den Boden auf und helfen ihm so, zu atmen und Nährstoffe und Feuchtigkeit längerfristig zu speichern. Beim Mulchen werden sie für die darauffolgenden Pflanzen wieder verfügbar gemacht. Längerfristig wird durch eine ständige Bodenbegrünung Humus aufgebaut. Ausserdem erhitzt sich ein begrünter Boden nicht so stark wie blanke Erde. Gerade angesichts der Klimaerwärmung ein wichtiger Faktor.
Was bedeutet das konkret bei uns?
Welche Massnahmen davon sinnvoll und machbar sind, muss jeder Betrieb für sich selbst entscheiden. Die regenerative Landwirtschaft gibt keine strengen Richtlinien vor.
Auf dem Spargelhof in Rafz haben wir im Wesentlichen 4 Massnahmen in dem Bereich getroffen:
1) Bei einigen Kulturen haben wir eine Untersaat ausgesät. Also z.B. beim Raps, beim Weizen und beim Mais. Diese wird direkt mit der Anbaukultur mit eingesät. Auf dem Titelbild sieht man eine Untersaat im Weizen.
2) Zwischen zwei Kulturen haben wir Zwischensaaten eingesät (z.B. frostsichere Winterwicke nach dem Getreide). Dies ist aber bis zu einem gewissen Zeitpunkt der Rodung in der Schweiz ohnehin vorgeschrieben und wird von anderen Bauern ebenso gemacht, regenerativ hin oder her.
3) Zwischen den Spargeldämmen haben wir nach der Ernte jeweils eine Gründüngung eingesät.
4) Bei den verfrühten Spargelkulturen, die bereits im Herbst gedämmt wurden, haben wir Weizen eingesät. Der wird jedoch nicht als Kultur geerntet, sondern dient einzig und allein der Verbesserung der Tragfähigkeit des Bodens bei der Ernte, insbesondere dann, wenn die Bedingungen sehr nass sind.
Eine heikle Gratwanderung
Es gibt aber auch regenerative Begrünungstechniken, die wir NICHT gemacht haben. Das kann nämlich eine sehr heikle Gratwanderung sein.
Zum Beispiel ist eine Methode der regenerativen Landwirtschaft, Pflanzenrückstände stehenzulassen. Doch das kann auch negative Konsequenzen haben. Denn feuchte Pflanzenrückstände bieten den idealen Nährboden für Schädlinge und Pilzkrankheiten.
Da wir nächstes Jahr in Rafz möglichst insektizidfrei wirtschaften wollen, galt es alles zu tun, um dem Maiszünsler keinen Lebensraum zu bieten. Das hatte in diesem Fall bedeutet, dass wir den Mais eben doch gemulcht haben. Das ist der Kompromiss, den wir gewählt haben. Dafür haben wir auch hier nach dem Mulchen eine Gründüngung eingesät und den Boden nicht einfach sich selbst überlassen.
Wie Robert Courth sagt: «Ist alles eine Gratwanderung, da muss jeder einen Weg suchen.» Wie so oft ist es eben nicht so einfach und es gibt nicht DIE eine richtige Lösung.
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