Zu Jucker Farm
Kuerbiskernoel
von Valérie

Schweiz neu Ölförderer

Die Schweiz geht unter die Ölförderer. Nur handelt es sich nicht um Erdöl, sondern um Kürbiskernöl.

Warum, das ist ja nichts Neues? Denkt man sich. Doch die Sache ist eben gar nicht so einfach. Die Geschichte um das Kürbiskernöl in der Schweiz hat etwa so viele Kehrtwenden wie die Strasse am Grimsel.

SCHWEIZER KÜRBISKERNÖL-GESCHICHTE

1998 war auch für Jakob Brütsch in Schaffhausen der Start in die Kürbisgeschichte. Zusammen mit den Jucker-Brüdern zählt er zu den Kürbispionieren in der Schweiz. Schon damals hatte man einen guten Draht zueinander. Die ersten Versuche im Kürbisanbau hat man gemeinsam gestartet.

Anfangs wurden Öl-Kürbisse auf 4 ha, nur zwei Jahre später wächst die Fläche auf 60 ha an und die Kerne werden zu einem guten Preis verkauft, da die europaweite Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt. 2004 verändert sich die Marktlage drastisch. Familie Brütsch macht weiter, allerdings auf kleinerer Fläche.

10 Jahre später ist der Weltmarkt immer noch durch Billiganbieter in China dominiert. Allerdings hat sich ein Nischenmarkt entwickelt, mit Konsumenten die auf die Regionalität ihrer Produkte Wert legen. Um diese Nachfrage zu decken baut Familie Brütsch wieder auf 30-40 ha Kürbisse zur Kürbiskernproduktion an. Und 2017 gelingt es endlich, eine eigene Ölmühle und -Presse zu realisieren. Letzte Woche wurde sie in Betrieb genommen.

Es ist die schweizweit absolut erste Kernölpresse und fast schon ein historischer Moment. So eine zu bauen, war von Anfang an der Plan, die Realisierung hat jedoch mehr als 15 Jahre gedauert. Dank Jakob Brütschs grosser Ausdauer und Beharrlichkeit steht nun eine der schönsten und wohl auch nachhaltigsten Ölmühlen in der Schweiz.

Aber… wo wurde den unser Öl bisher gepresst?

Bruetsch Neue Oelmuehle

Erste Kernölpresse der Schweiz (Foto: Fam. Brütsch)

Bruetsch Clan

Bei der Kürbiskern-AG arbeitet die ganze Brütsch-Clan mit: Foto: Fam. Brütsch

Kuerbisernte

Kürbisernte auf dem Spargelhof. Allerdings handelt es sich hier um Speisekürbisse...

Lady Godiva

...Ölkürbisse wie dieser hier werden maschinell geerntet.

Kuerbiskernmehl

Das Ausgangsprodukt des Öls: gemahlene Kürbiskerne (Foto: Fam. Brütsch)

Geroestete Kuerbiskerne Schokolade

Geröstete Kürbiskerne by Jucker Farm

Kuerbiskernmus

Mit Wasser und Salz vermischte, gemahlene Kerne werden geröstet (Foto: Fam. Brütsch)

Kuerbiskernoel Am Rande

Das fertig gepresste Öl (Foto: Fam. Brütsch)

BISHER LIEF ES SO…

Wir haben von Familie Brütsch Ölkürbisse anbauen lassen. Warum haben wir das nicht selber gemacht? Aus zwei Gründen: Ölkürbisse brauchen Mehltau (eine Pilzkrankheit) um auszureifen. Die Speisekürbisse dürfen jedoch keinen haben. Zweiter Grund: Bisher haben wir so wenige gebraucht, dass es wenig Sinn gemacht hätte, hin und her zu fahren.

Die Kerne wurden von Familie Brütsch also gewaschen und getrocknet. Dann mussten sie nach Österreich. Da wurden sie gepützelt und als Kerne oder – zu Öl verarbeitet – wieder in die Schweiz gekarrt. Super, hä? (Ironie off).

WARUM UM HIMMELS WILLEN DENN DAS?

Für’s «Finetuning» der Kürbiskerne – also die verfeinerte Reinigung – fehlt uns hier in der Schweiz die Infrastruktur. Dafür braucht es ganz spezielle Maschinen. Auch eine Ölmühle und -Presse gab es bis anhin nur in Österreich in der Steiermark.

Also fuhren sie nach Österreich zum Rausputzen und je nachdem gepresst werden und kamen dann wieder in die Schweiz. Natürlich weit entfernt von unserer Idealvorstellung. Nicht nur aus ökologischen Gründen.

JETZT WIRD (FAST) ALLES ANDERS

Die Nachfrage nach gerösteten Kürbiskernen ist in den letzten Jahren so stark gestiegen, dass wir 2016 wieder angefangen haben, die Ölkürbisse selber anzupflanzen. Auf Feldern, die von den Speisekürbissen weit genug weg sind.

Und: Neu können wir sie direkt in der Schweiz pressen lassen. Das heisst: In Zukunft liefern wir unsere Kürbiskerne selber an Familie Brütsch, und die stellen daraus für uns Öl her.

Grosser Wermutstropfen: Für die Feinreinigung müssen die Kerne trotzdem noch in die Steiermark. Niemand in der Schweiz besitzt so eine Reinigungsmaschine.

Die letzte Bestellung in der Steiermark haben wir erst gerade getätigt. Wir haben dringend neues Kürbiskernöl gebraucht, weil die Saison vor der Tür stand. Ein Mü zu früh für die Brütsch’sche Ölmühle. Das nächste Mal wenn wir Nachschub brauchen, wird von Familie Brütsch bezogen.

SO WIRD AUS DEN KERNEN ÖL

Die neue Ölmühle steht in einem schönen Holzbau – eigens gefertigt aus eigenem Holz, zum Grossteil Buche. Er habe gerne nachhaltige Lösungen – sagt Brütsch auf seiner Homepage – daher auch die lange Planungsphase. Es musste alles stimmen. Man wollte «öppis rächts, wo hebet».

  1. Die gepützelten Kürbiskerne werden von Säcken in ein Ansaugbecken geleert und in die Kernmühle gesaugt.
  2. Dann werden die gemahlenen Kerne in einer Gusspfanne mit Salz und Wasser vermischt und ca. 1 Stunde lang bei 150 Grad geröstet. Besondere Herausforderung hier: Neu wird der Ofen mit Holz manuell befeuert. Die Temperatur da konstant zu halten, ist nicht ganz einfach. Es gilt, die Aromastoffe optimal zu lösen, aber zu heiss darf es auch nicht werden. 50kg gemahlene Kürbiskerne können aufs Mal geröstet werden.
  3. Dann kommen die gerösteten Kerne in die Ölpresse. Aus 50kg Kernen gibt es etwa 25 kg Öl. Gepresst wird lauwarm – der Vorgang gilt aber als Kaltpressung.
  4. Das was nach dem Pressen übrig bleibt, der so genannte «Presskuchen» ist pickelhart. Trotzdem soll er weiterverarbeitet werden. Nichts wegschmeissen lautet die Devise. Mancherorts wird er als Powerriegel und Eiweisslieferant für Sportler verwendet. Wir arbeiten aktuell dran, wie wir ihn bei uns in der Küche und in der HofBäckerei weiterverwenden können.

Wer sich ein Bild von Familie Brütsch und ihrer Ölmühle machen möchte, kommt hier weiter:

Diverse Fotos im Artikel mit freundlicher Genehmigung der Familie Brütsch. Merci!

Valérie war Vollblutautorin des FarmTickers (bis Juni 2024) und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

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