Schädlinge und Nützlinge 4: Die Wühlmaus
Weiter geht’s in unserer Reihe der Schädlinge und Nützlinge. Heute mit einem besonderen Feind im Obstbau: Die Wühlmaus.
Wir räumen gleich zu Beginn mit dem Irrglauben auf, Äpfel seien zu 100% vegan. Denn wer sein Geld mit Obstbau verdient, muss - salopp gesagt - Tiere um die Ecke bringen. Nicht nur Schädlinge, sondern auch Säugetiere wie beispielsweise die Wühlmaus. Eine unschöne Tatsache, die aber kommuniziert gehört.
«Fressen oder gefressen werden.»
Die bittere Wahrheit reduziert sich im Obstbau auf folgendes Prinzip: «Alles was Lebewesen frisst, tötet - hilft aber zugleich dem Pflanzenbau. Alles was keine Lebewesen, sondern pflanzliche Teile frisst, ist dein Feind und muss bekämpft werden». Es ist schon etwas archaisch: «Fressen oder gefressen werden».
Natürlich wird jetzt nicht blind und radikal alles umgebracht, was kreucht und fleucht. Es gehört immerhin alles zu einem gesamthaften Ökosystem, das man möglichst in Ruhe lassen sollte. Es gilt: So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.
Warum sind Wühlmäuse so schädlich?
Die Wühlmaus ist deshalb so schädlich, weil sie die Wurzeln von Bäumen anknabbert. 130 Gramm pro Tag. Dies ist vor allem für junge Bäume gefährlich. Im schlimmsten Fall stirbt der ganze Baum ab. Ausgewachsene Bäume können leichte Wühlmausschäden allerdings gut wegstecken.
«Eine Maus kann bis zum Ende einer Saison 180 Nachkommen zeugen.»
Wühlmäuse machen Erdhaufen ähnlich den Maulwürfen. Allerdings sind sie ovaler und flacher, als die runden Spitzkegel des Maulwurfs. Und die gilt es zu unterscheiden, da der Maulwurf erstens als Nützling gilt und zweitens unter Schutz steht und nicht bekämpft werden darf.
Mit ihren weitverzweigten Gangsystemen untergraben sie ganze Obstanlagen. Von Mai bis Oktober werfen sie 2 bis 5 mal, meist mit 4-6 Jungen, die ihrerseits nach ca. 60 Tagen geschlechtsreif werden. Das heisst, dass eine Wühlmaus in einer Saison rund 180 Nachkommen zeugen kann. Siehe dazu die Grafik:
Wie werden Wühlmäuse bekämpft?
Es haben sich zwei Arten der Bekämpfung durchgesetzt. Entweder man stellt Fallen auf, die den Mäusen das Genick brechen sollen. Oder man vergast die Mäuse in ihren Tunnels mit Kohlenmonoxid. Die toten Mäuse lässt man liegen, der Fuchs holt sie. Auf Bio Aktuell, der Plattform für Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern heisst es: «Neben dem Fangen von Wühlmäusen ist laut Knospe-Richtlinien «die Bekämpfung im Freien mit Kohlenmonoxid und einem abgestimmten Gasgemisch (z. B. Sauerstoff und Propangas), das in das Tunnelsystem der Tiere eingeleitet und entzündet wird, erlaubt». Davon hält die Feldmauserin Kathrin Hirsbrunner jedoch wenig: «Im Boden leben ja nicht nur Mäuse, es werden auch die anderen Bodenlebewesen in Mitleidenschaft gezogen. Nach meiner Erfahrung ist das Fangen der Mäuse zudem effizienter.» Weil es die ökologischste Methode ist, empfiehlt auch die Markenkommission Anbau (MKA) von Bio Suisse in den Richtlinien die Mäusebekämpfung mit mechanischen Mäusefallen.»
Und bei Jucker Farm?
Ob und wie stark man Wühlmäuse bekämpfen muss, das hängt massgeblich davon ab, was angebaut wird. Es sind längst nicht alle Kulturen gleich betroffen. Stefan Bächli, leitender Obstbauer bei Jucker Farm erklärt: «Bei unseren Öko-Wiesen machen wir gar keine Mausbekämpfung, bei den etwas älteren Reben auch nicht mehr so konsequent wie am Anfang. Bei frisch gepflanzten Kulturen gehen wir aber jeder Maus nach.»
Bächli bekämpft die Wühlmäuse, indem er pro Mausfamilie oder Gangsystem 1-2 Fallen aufstellt. Reicht das nicht, greift er zum so genannten «Mauki»-Apparat, der die Mäuse vergast. Vergiften kommt für ihn nicht in Frage. Denn damit wären auch andere Lebewesen gefährdet, die die toten Mäuse verspeisen.
Zusätzlich richtet Bächli in den Obstanlagen aber auch Sitzhilfen für Raubvögel ein, um es ihnen zu erleichtern, die Mäuse zu jagen. Für Wiesel und Füchse erstellt er Ast- oder Steinhaufen um ihnen Unterschlupf zu bieten, damit sie sich der Mäuse in der Anlage annehmen können.
«Gebt’s den Wühlmäusen a Torte mit Schlagobers…»
Baum- und Rebschule Schreiber
Es gibt weitere Präventivmassnahmen, um Wühlmausbefall zu verhindern, ohne sie brutal umzubringen. Dieses sympathische Video von der Baum- und Rebschule Schreiber in Österreich zeigt wie. Einiges davon setzen wir bereits um. Das Fazit des Videos lautet im Prinzip: «Gebt’s den Wühlmäusen a Torte mit Schlagobers, donn frisst sie auch die Obstbäume nicht».
Von den da vorgeschlagenen Gittern um die Wurzelballen hält Bächli aber nicht allzu viel: «Das wäre wieder Fremdmaterial in der Umwelt. Die Bäume wachsen durch das Gitter, Irgendwann wächst sich das Gitter in die Wurzeln hinein. Das wird man nicht mehr los und beim Roden der Bäume hat man dann einen grossen Aufwand.»
Die richtige Lösung zu finden ist also gar nicht so einfach…
Schädlichkeit auf einer Skala von 1-10: 5
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PFLANZENSCHUTZTHEMA
Der Pflanzenschutz ist derzeit ein Thema, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Da wir hier nahe am Puls der Praxis sind, wollen wir aufzeigen, welche Problemstellungen sich täglich stellen und warum wir entscheiden, wie wir entscheiden. Damit der Konsument erkennt, wie seine Einkaufsentscheide die Art der Produktion beeinflussen.
In einem Übersichtsartikel fächern wir die verschiedenen Aspekte der Thematik auf. Momentan befinden wir uns in der Diskussion hier:
Angela
Hallo
Ich bin eine Hobbygärtnerin und habe gerade Euer Bericht gelesen.
Ich habe ab und zu mit Mäuse zu tun die in meinem Gemüsebeet das einte oder andere wegfuttern. Die machen Gänge direkt zum Salat z. B. . . Nun habe ich von der Landi "Ultraschall Geräte" gekauft, die sind sogar Solar betrieben. Seit da an habe ich jeweil Ruhe im Beet, sobald ich diese wieder in Betrieb nehme. Zumindestens von den Mäusen.
Freundliche Grüsse
Angela
Valérie Sauter
Liebe Angela. Vielen Dank für deinen Input. Ich habe den an unser Obstbau-Team weitergeleitet. Toll wie das bei dir funktioniert. Vielleicht klappt es ja auch grossflächiger ;-).