Pflanzenkrankheiten 4: Lagerkrankheiten
Lagerkrankheiten heissen so, weil sie erst bei der Lagerung sichtbar werden. Es handelt sich bei allen Lagerkrankheiten um einen Pilzbefall, der sich noch im Wachstum ereignet, bei der Ernte aber nicht bemerkt wird, da zu diesem Zeitpunkt noch nichts sichtbar ist. Später dann im Lager bricht die Krankheit aus.
Wieviel Obst wegen eines Pilzbefalls im Lager aussortiert werden muss, ist je nach Sorte sehr unterschiedlich. Resistente Sorten haben generell weniger Lagerprobleme. So können im Zeitraum von der Ernte bis April des nächsten Jahres bei der Apfelsorte Pinova ohne Abschlussbehandlungen bis zu 50% faulen. Im Vergleich dazu ist die resistente Sorte Bonita, unbehandelt nur mit 1-5% betroffen.
Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Lagerkrankheiten. So zum Beispiel Lentizellenfäule, Lagerschorf, Graufäule, Schwarzfäule, Grünfäule, Kernhausfäule, Photophtora-Fruchtfäule und Russ- und Regenfleckenkrankheit. Wir gehen hier nur auf die häufigsten drei ein.
Die bekannteste dieser Krankheiten ist wohl die Frucht- oder Lentizellenfäule. Fangen wir damit an:
Fruchtfäule oder «Lentizellenfäule»
Das Bild ist auch uns Laien bekannt: Sie beginnt mit einem kleinen, hellbraunen Punkt und wird dann kreisförmig immer grösser. Die so genannte «Gloeosporum-Fruchtfäule» oder «Lentizellenfäule» ist das, was man landläufig unter einem «faulen Apfel» vesteht. Was sich anfangs noch leicht wegrüsten lässt, verdirbt irgendwann den Geschmack des gesamten Apfels, auch wenn der Fleck nur einen Teil des Apfels einnimmt.
Der Gloeosporum-Pilz lebt am Baum und wird durch abprallende Regentropfen auf die Früchte übertragen. Dort lebt er dann und breitet sich erst im Lager weiter aus. Doch der Befall wird bei der Ernte nicht bemerkt und der Pilz breitet sich sehr langsam aus. Charakteristisch an der Lentizellenfäule ist, dass viele Äpfel betroffen sind, aber vorerst nur kleine faule Stellen auftreten. Wenn man Glück hat, kann man hier frühzeitig rüstend eingreifen und einen Teil des Apfels trotzdem noch verwenden.
Lagerschorf
Der Erreger des Lagerschorfs ist der gleiche, der auch den Schorfbefall während des Wachstums an den Blättern verursacht. Die Blätter kriegen schwarze Flecken, die Äpfel entwickeln sich nicht gut, oder zeigen «verschorfte» Stellen. Wenn der Apfelschorf erst im Lager ausbricht, zeigt sich das in schwarzen Flecken auf dem Apfel. Auf das Innere des Apfels hat Schorf kurzfristig keinen negativen Einfluss. Langfristig aber sehr wohl: Die sind wie kleine Löcher in der Haut, die dazu führen, dass der Apfel schneller an Feuchtigkeit verliert. Der Apfel ist also weniger lang haltbar.
Russflecken
Keine Lagerkrankheit im engeren Sinne, aber auch etwas, womit der «Öko-Obstbauer» im Lager zu kämpfen hat, ist die Russfleckenkrankheit (Gloeodes pomigena Colby). Die Krankheit entsteht zwar erst im Sommer, wird aber oft erst beim «Auslagern» entdeckt. Die Äpfel kriegen dunkelgräuliche, geflechtartige Flecken an der Oberfläche, die nur schwer abzureiben sind.
Die Ursache der Russfleckenkrankheit war lange unbekannt. Heute vermutet man, dass für das Auftreten von Russflecken eine Kombination von verschiedenen Pilzen verantwortlich ist. Es ist zudem ein Phänomen, das bei reduziertem Pflanzenschutz auftritt, weshalb «Öko-Obstbauern» mehr damit zu kämpfen haben.
Die Beeinträchtigung ist dabei ausschliesslich optischer Art. Im Inneren ist der Apfel genauso gut. Aber äusserlich sehen die grauen Flecken gar nicht schön aus und solche Äpfel verkaufen sich ganz schlecht, schon gar nicht als 2. Klasse-Äpfel. Es ist zwar möglich, den Pilz abzubürsten, was jedoch sehr aufwendig ist. Es sei denn, man ist maschinell eingerichtet.
Was hilft gegen Lagerkrankheiten?
Was tun? Die Prävention beginnt bereits im kühl-nassen Herbst, wenn die Infektionsgefahr wieder ansteigt. Da alle drei Krankheiten von einem Pilzerreger verursacht werden, wird mit Fungizid behandelt.
Ein Merkblatt bei Agroscope (Schweizer Forschung für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt) empfiehlt: «Gegen die wichtigsten Lagerkrankheiten in der Schweiz, Lagerschorf und Lentizellenfäule, müssen bei anfälligen Lagersorten im August und September in ca. 14-tägigen Intervallen Abschlussbehandlungen mit Fungiziden vorgenommen werden. Die empfohlenen Mittel erfassen die meisten anderen Fäulniserreger und auch die Russ- und Regenfleckenkrankheit.»
Die konventionellen Mittel haben in der Regel eine Wartefrist von 3 Wochen. Das heisst, die letzte Behandlung muss spätestens 3 Wochen vor der Ernte erfolgt sein. Einzelne biologische Mittel können bis zu 3 Tage vor der Ernte angewendet werden. Fungizidbehandlungen nach der Ernte sind in der Schweiz nicht erlaubt!
Bei der Lagerung wird zudem darauf geachtet, das Obst möglichst kühl zu lagern und in kontrollierter Atmosphäre (CA-Lager), mit erhöhtem CO2-Anteil im Luftgemisch. So wird die Ausbreitung verhindert oder mindestens gebremst.
Aber Achtung: Wenn der Apfel Verletzungen aufweist, nützt das alles nichts und der Erreger kann sogar in den Apfel eindringen. Deshalb behandelt der Obstbauer seine Äpfel wie rohe Eier.
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PFLANZENSCHUTZTHEMA
Der Pflanzenschutz ist derzeit ein Thema, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Da wir hier nahe am Puls der Praxis sind, wollen wir aufzeigen, welche Problemstellungen sich täglich stellen und warum wir entscheiden, wie wir entscheiden. Damit der Konsument erkennt, wie seine Einkaufsentscheide die Art der Produktion beeinflussen.
In einem Übersichtsartikel fächern wir die verschiedenen Aspekte der Thematik auf. Momentan befinden wir uns in der Diskussion hier:
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