Permakultur auf dem Juckerhof
Da wo vor einiger Zeit noch Heidelbeerbüsche und Kirschbäume in Reih und Glied standen und teilweise immer noch stehen, soll etwas Neues entstehen: Eine Permakulturanlage, die wir "Wildkulturgarten" nennen. Wildkulturgarten nennen wir ihn, weil er nicht strikt nach den Prinzipien der Permakultur errichtet wurde. Denn diese sind für kleine Permakulturen gemacht, nicht für Obstbaubetriebe wie wir einer sind. Der Begriff soll Platz für mehr lassen.
Auch der Wildkulturgarten ist ein weiterer Schritt, mit dem wir uns vorwagen in die regenerative Landwirtschaft. Doch auch hier gilt es, unsere eigene Form zu finden. Auch dies ist wieder ein Experiment. Ein Mutiges. Mutig ist es deshalb, weil wir ein Fünftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Seegräben einmal komplett umkrempeln.
Wie sieht unser Wildkulturgarten aus?
In seinem Endzustand soll sich der Wildkulturgarten über eine gesamte Fläche von etwa 1 Hektare erstrecken. Der Ausbau erfolgt aber etappenweise. Jedes Jahr ein Viertel mehr ist der Plan, sofern alles funktioniert wie gedacht.
Begonnen haben wir dieses Jahr mit dem Teilstück neben dem Fussweg, der von Pfäffikon her dem ÖpfelGarte entlang verläuft. Direkt neben dem Weg wurde ein Blühstreifen eingesät, danach folgt eine Baumallee mit verschiedenen Hochstammbäumen. Darunter beispielsweise Winterlinden, Maronibäume, Mispeln, Baumhasel, Pekannuss und Erlen – ein wilder Mix eben. Damit die Wurzeln der jungen Bäume nicht von Mäusen angeknabbert werden, hat Petra Hager, die für das Projekt zuständig ist, in deren Wurzelbereich Knoblauch zur Abwehr gesetzt.
Ein bunter Flickenteppich
Die restliche Fläche ist aufgeteilt auf 10x18 Meter grosse Rechtecke mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Insgesamt 8 verschiedene «Feldertypen» gibt es, die in sich verschiedene Pflanzen dieser Art vereinen:
- Kernobst Äpfel
- Kernobst Birnen
- Steinobst Zwetschgen
- Steinobst Kirschen
- Beeren
- «Garten»
- «Objekte»
- Exoten
Innerhalb dieser Felder werden jeweils verschiedene Exponenten einer Sorte angepflanzt. Das heisst im Kernobst-Birnen-Feld jeweils unterschiedliche Birnensorten, im Kernobst-Apfel-Feld unterschiedliche Apfelsorten. Zwischen diesen Bäumen finden sich aber immer auch Hilfspflanzen. Meist Kräuter, wie zum Beispiel Pfefferminze, Salbei etc., die Nützlinge fördern, oder Schädlinge abwehren oder Pilzbefall unterdrücken sollen. Ebenso verhält es sich mit den Steinobst- und Beerenfeldern.
In den «Garten»-Feldern wird vor allem Gemüse angepflanzt. Jedes für sich hat etwas den Charakter von einem «Privatgarten». Also Stangenbohnentipis, Kartoffel-Türme, Chili, Peperoni. Auch hier wurde immer darauf geachtet, Pflanzen nebeneinander anzuordnen, die sich gegenseitig bei der Verteidigung gegen Pflanzenkrankheiten oder Schädlingen helfen.
In den «Objekt»-Feldern kriegen der Biodiversität förderliche Gestaltungselemente einen Raum. Zum Beispiel gibt es hier Steinhaufen oder einen kleinen Teich. Weidentunnels oder natürliche Sitzgelegenheiten aus Holzstämmen, die wiederum allerlei Kleintieren Unterschlupf bieten. Auch steht da bereits ein Sandhaufen, der Bienen Baumaterial für ihre Unterkünfte liefern soll. Alles hat zum Zweck, die Biodiversität zu fördern.
Kein künstlicher Pflanzenschutz
Biodiversität ist aber nicht nur in diesen Feldern das Prinzip: In der gesamten Anlage sind unzählige Nisthilfen für Nützlinge angebracht. Die Idee ist es, eine einladende Umgebung zu schaffen, um Nützlinge anzulocken, damit sie die Regulierung von Schädlingsbefall übernehmen und chemischer Pflanzenschutz überflüssig wird. «Der Wildkulturgarten muss ohne künstlichen Pflanzenschutz funktionieren. Das ist die Idee. Für uns geht es hier eben auch darum, auszuprobieren, wie weit wir mit so einem Konzept gehen können», erklärt Petra Hager.
Schon jetzt sieht man, dass nicht alles auf Anhieb klappt. Einige Pflanzen wurden von der Gründüngung, die in den Vorjahren gesät wurde, schlicht überwuchert. Schuld daran ist aber auch der kühle und nasse Frühling. Manche Kulturen gedeihen nicht so, wie sie sollten oder sind ganz eingegangen. Und aktuell fressen Nacktschnecken viele Jungpflanzen – trotz Kaffeesatz und manueller Schneckenkontrolle.
Doch hier ist es wichtig, sich Zeit zu geben. «Wir wollen jetzt nicht gleich aufgeben. Wenn es dieses Jahr nicht klappt, funktioniert es vielleicht nächstes Jahr», sagt Petra Hager.
Warum «Exoten»-Felder?
Ausser den hier üblichen Kulturen hat sich Petra entschieden, auch exotische Pflanzen in den Anbau zu integrieren. Auf den so genannten «Exoten»-Feldern wachsen zum Beispiel Maulbeeren, Indianerbanane, Goji-Beeren, chinesische Dattel und Süsskartoffeln, aber auch lokale Pflanzen, die man sonst nicht so häufig sieht, wie zum Beispiel roten Holunder. Es handelt sich aber bei diesen «fremden» Pflanzen um solche, die auch in unseren Breitengraden zunehmend gut gedeihen, vor allem, wenn man die zu erwartenden höheren Temperaturen in Betracht zieht.
Die zentrale Idee dahinter ist, dass diese Exoten eine zusätzliche Auflockerung und Bereicherung des Wildkultur-Flickenteppichs bringen. Sie sind nicht anfällig auf die gleichen Pflanzenkrankheiten und bilden so genannte «Puffer», um die Pflanzen auf natürliche Weise vor Krankheiten und Schädlingen zu schützen.
Und was ist mit dem Selberpflücken?
Wer aufmerksam mitgelesen hat, merkt vielleicht, dass der Wildkulturgarten im Wesentlichen genau jene Fläche bedeckt, auf der aktuell noch Heidelbeeren und Kirschen zum Selberpflücken aufgestellt sind.
Gibt es also künftig kein Selberpflücken mehr auf dem Juckerhof?
Die Antwort lautet Jein. Tatsächlich wird es das Selberpflücken, wie wir es gewohnt sind längerfristig nicht mehr geben. Die grossen Anlagen mit reihenweise Heidelbeeren und Kirschen werden auf lange Sicht durch einen Permakultur-Flickenteppich ersetzt. Das heisst aber nicht, dass man gar nicht mehr selberpflücken können wird. Es wird einfach anders.
«Ziel des neuen Wildkulturgarten ist es, unseren Gästen ein vielfältiges Landwirtschaftserlebnis zu bieten. Künftig soll der Wildkulturgarten eine andere Art von Erlebnis bieten, in dem wir den Gästen eine neue Form von Landwirtschaft zeigen. Es wird auch dann noch was zu ernten oder zu pflücken geben. Nur nicht so viel vom Gleichen auf einmal. Dafür nimmt man künftig halt ein Rüebli, eine Gurke und noch ein Schäleli Stachelbeeren mit, statt einfach 5 Kilo Heidelbeeren. So wie es in der Permakultur eben ist», erklärt Petra Hager, Verantwortliche für Obstbau auf dem Juckerhof.
Wir sind gespannt, wie sich dieses Projekt entwickeln wird und freuen uns, wenn ihr uns auf dieser spannenden Reise begleitet:
Weitere Stationen auf unserer Reise in Richtung regenerativer Landwirtschaft.
Noch keine Kommentare zu “Permakultur auf dem Juckerhof”