Käfer fressen Spargel auf
Jetzt wird’s richtig spannend. Kurz gesagt: Es gibt fiese Käfer, deren Larven den Grünspargel förmlich auffressen. Und spannend ist das, weil wir damit direkt beim Thema Pflanzenschutz landen.
Warum?
Fangen wir von vorne an:
Wir hatten dieses Jahr bei unseren grünen und violetten Spargeln mit starkem Befall des Spargelkäfers zu kämpfen. Dieser befällt die Spargeln, sobald sie den Kopf aus der Erde stecken. Von den grünen und violetten Spargeln musste Robert Courth 5 von total knapp 10 Hektaren unterpflügen. «Sie waren so beschädigt, dass wir sie nicht mehr hätten verkaufen können. Teilweise waren die Köpfe komplett abgefressen», sagt Courth. Doch nicht alle. Bei vielen Spargeln waren die Frassschäden eher oberflächlicher Art. Die innere Qualität dieser Spargelstangen ist noch gut, nur die Haltbarkeit leidet etwas. Schält man sie, merkt man davon nichts mehr. Aber auch optische Beeinträchtigungen haben einen Einfluss auf den Verkauf.
Dazu später mehr.
Spargelkäfer
Der Zwölfunkt-Spargelkäfer ist neben der Spargelfliege einer der wichtigsten Schädlinge, mit denen Spargelbauern zu kämpfen haben. Die Larven wie auch die Käfer verursachen unter anderem an den Spargelstangen mittlere bis starke Frassschäden.
Dieses Jahr war der Befall besonders stark, weil der Winter warm war, und der Frühling erst recht. Die Larven haben den Winter überlebt und nun die Spargelfelder praktisch «überschwemmt».
Was nun?
Auf den befallenen Feldern hat Courth praktisch einen 100-prozentigen Ernteausfall. Alles was half, war Pflanzenschutzmittel zu spritzen, um die Käfer und ihre Larven abzutöten, dann die ganze Geschichte unterzumulchen und nochmals zu spritzen. Was dann nachwuchs, war nicht mehr befallen. «Aber dafür mussten wir Tabula Rasa machen», sagt Courth. Unschön, aber wahr. Im Bio-Segment ging in den letzten Wochen beim grünen Spargel im Moment gar nichts, erklärt Courth, da sie kein wirksames Gegenmittel haben.
Der Bleichspargel ist nicht betroffen, da die Spargelstangen nicht an die Oberfläche gelangen, sondern vorher aus der Erde gestochen werden.
1 Woche Wartefrist
Doch warum musste Courth alles unterpflügen? Hätte er nicht einfach «den Käfer wegspritzen» und die Spargeln dann doch noch verkaufen können? Das hängt mit der Wartefrist des Pflanzenschutzmittels zusammen.
Jedes chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel unterliegt einer Wartefrist vom Tag der Ausbringung bis zum Tag der Ernte, um sicherzustellen, dass sich keine schädlichen Rückstände auf dem Produkt befinden. Die beträgt in diesem Fall 1 Woche. Doch so lange kann man mit der Ernte der Spargeln auf keinen Fall warten. Die Grünspargeln müssen jeweils innert 1-2 Tagen geerntet werden, da sonst die Köpfe aufgehen, der Spargel violett wird und innert wenigen Tagen als Busch gen Himmel wächst.
Unperfekten Spargel verkaufen?
Und jetzt erklären wir euch, was das Thema so richtig interessant macht! Denn wir haben jetzt folgende Situation: Von Rafz kommt ein Grossteil angeknabberter Spargelstangen in unsere Hofläden. Was nun? Dass es hier keine Patentlösung gibt, sieht man daran, wie unterschiedlich unsere Hofläden darauf reagiert haben.
Auf dem Juckerhof in Seegräben verkauft man die Spargeln trotzdem. «Wir finden es schade, die Spargeln zurückzuschicken. Die Spargeln werden im Offenverkauf angeboten und jeder Kunde kann selber entscheiden, ob er die Spargelstangen mitnimmt oder nicht. Wir hatten bisher keine negativen Reaktionen», sagt eine Mitarbeiterin des Hofladenteams. Auch auf dem Bächlihof habe man keine negativen Erfahrungen aufgrund des Spargelkäfers gemacht.
Anders auf dem Römerhof in Kloten und auf dem Spargelhof in Rafz. In Rafz wird der Verkauf direkt vom Produktionsteam befüllt. «Ich musste mal etwas zurückgeben. Einige Stangen waren wirklich nicht mehr tragbar», erklärt Fränzi Bichsel, die für den Hofladen auf dem Spargelhof verantwortlich ist. Auf dem Römerhof in Kloten habe man die grünen Spargeln kurzzeitig sogar ganz aus dem Sortiment genommen. «Das wollte ich unseren Kunden nicht zumuten. Wir sind bekannt für unsere Qualität. Ich finde, so etwas können wir nicht bringen», sagt Gabi Faude, die neue Leiterin des Hofladen in Kloten.
Auswirkungen auf den Pflanzenschutz
Die Frage, wie man an der Front mit qualitativ nicht einwandfreien Spargeln umgeht, hat indirekt Auswirkungen auf die Rigidität der Pflanzenschutzmassnahmen, die in der Produktion getroffen werden. Wenn die Spargeln an der Front nicht verkauft werden können, hat der Bauer umsonst produziert. Also wird er alles daransetzen, dies zu verhindern.
«Genau in solchen Situationen entscheidet sich, wie nachhaltig unser Handeln ist.»
Unser Betrieb hat die Besonderheit, dass wir solche Spargeln trotzdem verwenden können, da wir einen angehängten Gastronomiebetrieb wie auch eine Hofmanufaktur haben, die die Produkte weiterverarbeiten kann. Dies haben die meisten Bauern nicht.
Genau in solchen Situation definieren wir, wie nachhaltig unser Handeln ist. Und die Entscheidung ist nie eine einfache, weder für den Verkäufer noch für den Kunden.
Welcher Kunde greift schon zur leicht beschädigten Spargelstange, wenn daneben eine perfekte liegt?
Und wenn der Kunde dann beschwert: Passt sich der Verkäufer dem an und sortiert die vermeintlich mangelhafte Ware aus? Wie viel darf er seinen Kunden zumuten? Wo kann und sollte man erklären und aufklären?
Genau über diese Situationen sollten wir uns kritisch Gedanken machen.
Was würden Sie tun?
Und jetzt würden wir gerne unsere Leser fragen:
Würden Sie solche Spargeln noch kaufen? Wäre es ihnen überhaupt aufgefallen? Wie finden Sie, sollten wir im Verkauf mit solchen Spargeln umgehen?
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Pflanzenschutzthema
Der Pflanzenschutz ist derzeit ein Thema, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Da wir hier nahe am Puls der Praxis sind, wollen wir aufzeigen, welche Problemstellungen sich täglich stellen und warum wir entscheiden, wie wir entscheiden. Damit der Konsument erkennt, wie seine Einkaufsentscheide die Art der Produktion beeinflussen.
In einem Übersichtsartikel fächern wir die verschiedenen Aspekte der Thematik auf. Momentan befinden wir uns in der Diskussion hier:
Margrit Schumacher
Anstatt untergraben, als unperfeckt deklarieren, evt etwas billiger geben, kein problem :-)
Jolanda
Auf keinen Fall wegwerfen. Die Kunden aufklähren und verkaufen. Ich wüsste nicht ob ich es bei kleinen Mängeln merken würde. Wenn man als Kunde Informiert wird das keine schäden im inneren sind und man es einfach schälen kann...
Schmecken tun sie ja trotzdem.
Esther Ulrich
Solchen Spargel separat stellen und billiger verkaufen / auf KEINEN Fall wegwerfen oder untergraben / es kommt doch auf das Innere, den Geschmack an, und nicht auf die Schönheit/Perfektion !