Hafer – eine vernachlässigte Kultur
Pro Jahr werden laut der fenaco rund 50'000 Tonnen Hafer u.a. aus Finnland, Deutschland oder Tschechien in die Schweiz importiert. Gerade mal 9'000 Tonnen bauen die Schweizer Landwirte und Landwirtinnen selber an, 5'700 Tonnen davon landen im Futtertrog. 1998 wurden noch 40'000 Tonnen Schweizer Hafer produziert (Quelle: bfs.ch). Doch warum sank der CH-Anbau stetig, währen der Importanteil stieg?
Hafer ist anbautechnisch eigentlich eine relativ einfache Kultur, die wenige Ansprüche stellt. Sie gilt als sogenannte «Gesundungsfrucht», die keine Krankheiten auf die nächste Kultur in der Fruchtfolge überträgt. Klimatisch benötigt Hafer lange kühle Sommertage – das kann je nachdem schon mal schwierig werden hierzulande, aber unmöglich ist es nicht. Warum wird also nicht mehr Hafer angebaut?
Ein wichtiger Grund ist, dass es nicht sehr lukrativ ist. Der Richtpreis für Hafer beträgt 2021 CHF 30.50 pro 100 kg und ist seit Jahren stabil (Quelle: swissgranum.ch). Für einen Landwirtschaftsbetrieb lohnt es sich kaum, Hafer anzubauen – da setzen viele lieber auf andere Getreidesorten wie z.B. Weizen. Importhafer war bislang relativ günstig – doch auch hier steigen die Preise, denn die Nachfrage steigt global…
Steigende Nachfrage
Hafer ist v.a. in der vegetarischen und veganen Ernährung ein wichtiges Grundnahrungsmittel geworden. Auch bei uns ist der Bedarf gestiegen, viele unserer hausgemachten Produkte für die Hofläden und den Detailhandel enthalten Hafer; vom HofRiegel, über das HofMüesli, das HofBrot bis zum HaferDrink.
Es gibt also Aufholbedarf in Sachen Hafer. Die fenaco lockt mit einem 10 Franken Zückerli pro 100 Kilogramm qualitativ gutem Speisehafer (Quelle: fenaco). 2021, ein Jahr, in dem es sogar für Hafer vielerorts schlicht zu nass und kalt war, waren auch wir froh, dass wir nicht die einzigen Haferproduzenten in der Region waren… So konnten wir unsere Produkte mit zugekauftem Hafer ergänzen. Ziel ist aber, langfristig unseren Bedarf mit Getreide aus Eigenproduktion decken zu können. Oder zumindest mit Partnerbetrieben, die unsere Werte bezüglich regenerativem Anbau teilen.
Pestizidfreier Hafer
Wir haben die Anbaufläche seit 2021 stetig erhöht. Vor allem, weil wir Rohstoffe für die Herstellung unseres Haferdrink benötigen, der sowohl bei uns wie auch bei Coop, Farmy und weiteren Partnern verkauft wird. Wir bauen per 2022 auf unseren eigenen Feldern und auf Flächen von Partnerbetrieben rund um den Spargelhof in Rafz auf gut 20 Hektaren Winterhafer an – 2021 waren es noch 4 Hektaren.
«Alles auf den eigenen Feldern anzubauen ist nicht möglich, da fehlt uns die Fläche und das Personal», erklärt Sven Studer, der landwirtschaftliche Koordinator bei Jucker Farm. «Ausserdem ist es gut, nicht alles am gleichen Ort anzubauen, so ist das Risiko die gesamte Ernte wegen Hagel oder anderen Extremereignissen zu verlieren kleiner». Doch die hohen Ansprüche an die Qualität und die Nachhaltigkeit unserer Rohstoffe müssen auch unsere Partnerbetriebe erfüllen. Ähnlich wie die fenaco zahlt Jucker Farm mehr für den Hafer, als der Richtpreis vorgibt, um den Anbau attraktiv zu machen. Bei uns sind es allerdings nicht 10 sondern 40 Franken!
Jucker Hafer wird nämlich ohne Pestizideinsatz und somit regenerativ angebaut. Wie ist das möglich? Haferwurzeln stossen laut Studer ein Enzym aus, das ein Milieu schafft, in dem sich das Unkraut nicht wohl fühlt und so nur schlecht entwickelt. Auch experimentiere man mit Untersaaten, um das Unkraut zurückzudrängen. Durch sie wird der Boden zudem sehr gut durchwurzelt, was das Bodenleben anregt. So wird zusätzlich die Biodiversität gefördert und dem Unkraut der Platz streitig gemacht. «Wir haben zudem gute Erfahrungen mit Terra Preta statt Dünger und Komposttee statt Pflanzenschutz gemacht», sagt Studer. Diese Massnahmen sind teilweise etwas experimentell, denn einerseits ist schweizweit viel Wissen über den Haferanbau verloren gegangen und muss aufgearbeitet werden. Andererseits sind diese Ansätze der regenerativen Landwirtschaft auch für uns neu. «Wir tasten uns ran», schmunzelt Studer. 2021 hat gezeigt, dass wir keinen einfachen, aber den richtigen Weg gewählt haben (siehe: «1 Jahr regenerativ»).
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