«Gute» vs. «böse» Apfelsorten
Vor einiger Zeit haben wir euch nahegelegt, auf Gala-Äpfel zu verzichten, da diese Sorte sehr viel Pflanzenschutz benötigt, selbst im Bio-Anbau. Allerdings haben wir euch keine Alternativen aufgezeigt. Die möchten wir euch jetzt fairerweise nachliefern, um euch den Kaufentscheid zu vereinfachen. Vorneweg: Leider könnt ihr euch die meisten Sorten, die ihr kennt, abschminken.
Apfelsorten, die viel Pflanzenschutz benötigen
Meistens sind es die Klassiker, die man im Regal beim Grossverteiler antrifft, die besonders viel Pflanzenschutz benötigen, da es sich um sehr krankheitsanfällige Sorten handelt. Es sind Apfelsorten, bei deren Entwicklung auf andere Merkmale geachtet wurde als auf Toleranz gegenüber Obstkrankheiten. Hier eine (nicht abschliessende) Liste, derjenigen Sorten, die – auch im Bioanbau – verhältnismässig viele Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln benötigen:
- Gala
- Braeburn
- Rubinette
- Elstar
- Cox Orange
- Golden Delicious
- Jonagold
- Jazz
- Milwa/Diwa
- Pink Lady
- Pinova
- Gravensteiner
- Summerred
- Glockenapfel
- Berner Rosen - ja, die leider auch 🙁
Alternative Apfelsorten
Ältere Apfelsorten, oder neue Züchtungen sind weniger anfällig gegenüber Pflanzenkrankheiten. Das bedeutet nicht, dass sie keine Krankheiten mehr kriegen können. Man spricht von Krankheitstoleranz, also der Fähigkeit, mit einem gewissen Krankheitsdruck klarzukommen, ohne dass es gross Hilfe von aussen braucht. So quasi Apfelsorten mit einem guten Immunsystem. Sie kommen mit einem reduzierten Pflanzenschutz aus. Aber auch bei diesen Sorten gibt es keine, die alles kann. Manche sind sehr robust gegenüber Feuerbrand, dafür aber anfällig gegenüber der eingeschleppten Pilzkrankheit Marssonina oder umgekehrt. Wie komplex das ist, sieht man an dieser Tabelle des FiBL (Forschungsinstitut für Biologischen Landbau) der für den Bioanbau empfohlenen Sorten.
Mindestens gegen eine Krankheit robuster sind (ebenfalls nicht abschliessend):
- Spartan
- Boskoop
- Topaz (bedingt: z.B. robust gegen Schorf, dafür hochanfällig auf Marssonina)
- Ladina (neue Sorte; Chuck Norris Immunsystem, kann fast alles)
- Bonita (neue Sorte)
- Galant
- Rondo (Säulenbaum, ÖpfelGarte)
- Red Spring (Säulenbaum, ÖpfelGarte)
- Goldlane (Säulenbaum, ÖpfelGarte)
- Vista Bella
- Sternapi
- Usterapfel
- Opal
Wo kriege ich robuste Sorten?
Tja, und nun zur Gretchenfrage: Wo kriegt man denn diese «guten» Sorten zu kaufen? Leider ist die Auswahl noch nicht so breit. Einen Teil davon gibt es natürlich bei uns in den Hofläden. Aber auch wir haben erst angefangen, unser Sortiment umzukrempeln. So etwas geht nicht von heute auf morgen, denn bis Obstbäume in Vollertrag kommen, dauert es einige Jahre. Gute Chancen dürftet ihr auch in kleineren Hofläden haben, die die Äpfel nicht als Hauptkultur, sondern als Nebenprodukt noch verkaufen, oder in Reformläden. Hier sind wir selber neugierig auf eure Erfahrungen. Schreibt sie doch einfach unten in die Kommentare. Ein erster Schritt ist mit diesem Artikel getan, aber wir befinden uns hier als Gesellschaft auf absolutem Neuland.
Es ist bestimmt keine schlechte Idee, bei den Grossverteilern explizit andere Sorten nachzufragen, um Interesse zu signalisieren. Immer und immer wieder. Hier gilt: Steter Tropfen höhlt den Stein. Es ist ein grosser Dampfer, den wir bewegen müssen 😉.
Wo hast du schon mal unübliche Apfelsorten gekauft?
Sortenübersicht nach Saison
Wer unabhängig von der Nachhaltigkeitsdiskussion neugierig auf Apfelsorten ist, findet hier eine Auflistung:
Apfelfreund
..gerade interessante Sendung auf Arte Re: über Streuobst und resistente Apfelsorten des Obstarboretum Olderdissen (Bielefeld) gesehen, empfehlenswert für alle Apfelfreunde :-)
Brigitte
Hallo Valérie
Mit grossem Interesse las ich deine Artikel über die Äpfel. Denn seit einigen Jahren habe ich einen Traum, eine Apfelsorte in meinem Garten zu pflanzen, die ich als Kind sehr liebte. Der Name vom Apfel, so erinnere ich mich „Schwyzerbreitich“. Ob das nun der originale Name ist oder in Mundart übermittelt, kann ich leider nicht sagen. Ich erinnere mich auf jeden Fall, dass er eher ein später HerbstApfel ist, etwas kleiner, nicht ganz rund und die gelbe Farbe hatte. Zu erwähnen ist noch, dass ich hier von der Zeit der frühen/mittleren Siebzigerjahre spreche.
Wir hatten immer grosse Erträge und die Äpfel konnten wir bis anfangs Dezember geniessen.
Kennst du diese Apfelsorte? Falls ja, wie käme ich zu einem solchen Bäumchen? Ich erinnere mich auch nicht, dass wir jeh etwas spritzen mussten. Und wir hatten im Garten mind 6-8 dieser klein- oder mittleren stämmigen Bäume.
Kilian
Hallo Brigitte, leider habe ich deine Frage bezgl. Apfelsorte "Schwyzerbreitich" erst bald zwei Jahre später zu lesen bekommen! Nun, es muss sich da höchstwahrscheinlich um die alte Sorte "Breitacher" auch als "Schweizer Breitacher" genannt handeln. Du bekommst diese Sorte mit grosser Wahrscheinlichkeit in der Obstbaumschule Toni Suter in Baden-Dättwil. (www.tonisuter.ch) Viel Glück!
Valérie Sauter
Liebe Brigitte. Ou, da fragst du jetzt etwas. Uns ist eine ähnliche Sorte auch nicht bekannt. Am besten fragst du mal in einer grösseren Gärtnerei, ob sie die kennen und ev. bestellen könnten. Liebe Grüsse und viel Erfolg!
Alex
Danke für den Beitrag! In meinem Hausgarten habe ich vor 3 Jahren verschiedene "Redloves" von Lubera gepflanzt und bin begeistert die kleinen Bäume, geben riesen Ertrag und sind extrem robust - keine Krankheiten, keine Schädlinge - bis jetzt:-). Ob diese taugen würden für den "grossen" Anbau weiss ich nicht und ich muss auch sagen mein Hausgarten hat bereits sein eigenes, funktionierendes Bio-Ökosystem aufgebaut, daher trägt auch mein Braeburn tolle Früchte ganz ohne Spritzmittel.
Valérie Sauter
Hey Alex, danke für deinen interessanten Kommentar. Ja, meistens ist es eben genau so: Apfelbäume im Privatgarten haben einen weniger grossen Krankheitsdruck als im gewerblichen Anbau, wo viele gleiche Bäume am gleichen Ort stehen. Das ist wie eine Massenveranstaltung oder Selbstisolation ;-P. Deshalb funktionieren diese anfälligen Sorten privat durchaus gut. Die Herausforderung ist im Gewerbsanbau schon noch einen Ticken höher, auch weil man damit schlussendlich seinen Lohn verdienen muss. Da ist ein Ausfall schon gravierender, als im Hausgarten. Wir sind in Seegräben dabei, diesbezüglich was auszuprobieren. Mehr dazu bald hier auf FarmTicker ;-).
Alex
Wieso macht man eigentlich gewerblich nicht auch mehr Mischkultur mit anderen, verschiedenen Obstbäumen? Bin gespannt was Ihr am "ausprobieren" seid:-).
Valérie Sauter
Bisher hat man das nicht so gemacht, weil es viel aufwändiger in der Bewirtschaftung ist. Man kann nicht einfach in einem Arbeitsgang "durefräse". Aber genau damit hat unser "Ausprobier-Projekt" zu tun. Schauen, in wie weit man die Anbaustrukturen eben auflockern kann, und trotzdem noch wirtschaftlich zu sein. Es bleibt spannend ;-).