Ernten, waschen, föhnen – zu Besuch in der Kürbisproduktion
Fast 30 Jahre ist es her, seit Juckers ihre ersten Kürbisse angepflanzt haben. Mittlerweile ist das herbstliche Gemüse zu unserem Markenzeichen geworden. Darum ist es höchste Zeit, euch einmal einen Blick hinter die Kürbis-Kulissen zu geben.
Auf den Feldern rund um den Spargelhof in Rafz wachsen über 150 Kürbissorten. Im Frühling werden die Kürbiskerne gesät. Dann dauert es rund 100 Tage, bis erntereife Kürbisse auf dem Feld liegen. Wie genau ein Kürbis entsteht, erfahrt ihr hier. Butternuss, Knirps, Halloween, Zierkürbisse, Kabocha und Co. ernten ist ein Knochenjob. Weil es noch keine adäquaten Erntemaschinen gibt, funktioniert alles von Hand. Bei meinem Besuch auf dem Kürbisfeld treffe ich ein Team von 6 Erntehelfern, die gerade Butternuss-Kürbisse ernten. Seit 7 Uhr morgens sind sie schon bei der Arbeit.
Vier der Erntehelfer sind auf dem Feld zugange. Langsam laufen sie in einer Reihe einem langen Traktorarm hinterher. Mit ihren erfahrenen Augen erkennen sie sofort, welche Kürbisse reif sind. Sie knipsen die Stiele der reifen Kürbisse durch und legen sie in auf dem Traktorarm aufgereihte Harassen - von uns G2 Erntegebinde genannt. Beim Butternuss müssen die Stiele ganz kurz geschnitten werden, damit sich die Kürbisse nicht gegenseitig verletzen. Ist eine Ernte-Kiste mit Kürbissen voll, kommt sie aufs Förderband. Es transportiert die Kürbisse entlang dem Arm Richtung Traktoranhänger, wo ein fünfter Erntehelfer die Kürbisse auf das Gefährt und in grosse Paloxen hievt. Der 6. im Team lenkt den Traktor.
Mit einer Rebschere bewaffnet, darf ich auch einmal probieren. Unsicher frage ich die erfahrenen Erntehelfer bei jedem Kürbis, ob er denn schon reif sei. (Hätte ich vor dem Ernten mal diesen Beitrag gelesen ...) Mit einer Engelsgeduld sagen sie entweder «gut» oder schütteln die Köpfe. Ich habe Glück. Heute ist ein schöner, warmer Tag. Gestern sah das Wetter noch ganz anders aus. Aber auch bei Regen wird geerntet - den ganzen Tag. Mir tut schon nach einer knappen Viertelstunde Kürbisstiele durchknipsen die Hand weh. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das nach 8 Stunden wäre. Auch das ständige Bücken, um die Kürbisse aufzuheben, geht nach mehreren Stunden bestimmt in den Rücken und die Beine.
Wellnesskur für die Kürbisse
Wenn die Paloxen auf dem Anhänger voll sind, kommen sie auf den Spargelhof. Dort erwartet das Gemüse eine «Wellnesskur». Bevor sie in die Waschanlage kommen, werden die Kürbisse Paloxen-weise unter die Dusche gestellt. So wird der Dreck schon etwas eingeweicht und geht nachher besser ab. Nach der kurzen Dusche wird die ganze Paloxe per Gabelstapler zur Waschanlage bugsiert und ins Tauchbecken gehievt. Da Kürbisse schwimmen, entladen sie sich im Becken von selbst.
All diese Stationen durchlaufen die Kürbisse in der Waschanlage:
- Tauchbecken: Vom Tauchbecken aus schwimmen die Kürbisse zur ersten Aussortier-Station.
- Aussortieren 1: Ein Mitarbeiter sortiert von Hand faule und kaputte Kürbisse aus, die an ihm vorbeischwimmen.
- Wascheinheit: In der Wascheinheit werden die Kürbisse von oben und unten gebürstet und mit frischem Wasser abgespült.
- Trockeneinheit: Hier pusten Ventilatoren die Kürbisse trocken. Ausserdem laufen sie über Rollen, die eine schwammähnliche Struktur haben. Die Rollen wischen das restliche Wasser ab und polieren die Kürbisse gleichzeitig.
- Platzieren: Frisch aus der Trockeneinheit werden die Kürbisse von einer Mitarbeiterin so auf dem Laufband platziert, dass sie stabil und einzeln liegen.
- Wiegen: Nächste Station: Waage. Einzeln laufen die Kürbisse weiter übers Fliessband und werden dabei gewogen.
- Automatisches Sortieren: Automatisch sortiert die Anlage die Kürbisse in die richtige Gewichtsklasse und schubst sie mit einem Arm an den richtigen Ort.
- In IFCO-Kisten packen: Mitarbeitende nehmen die so kategorisierten Kürbisse entgegen und packen sie in IFCO-Kisten.
- Etikettieren: Kürbisse, die an externe Kunden gehen, werden entsprechend etikettiert.
Fertig etikettiert, sind die Kürbisse bereit für den Transport zu unseren Kunden. Butternuss, Oranger Knirps und Kabocha liefern wir am meisten aus. Das sind auch die Kürbissorten, die die neue Waschanlage verarbeiten kann. Kürbisse für unsere Direktvermarktung auf den Höfen und SB Ständen laufen ebenfalls durch die Anlage. Bei ihnen verzichten wir aber aufs Etikettieren.
2500 blitzblanke Kürbisse pro Stunde
Die Waschanlage ist brandneu. Erst seit Ende August rattert sie in der Lagerhalle auf dem Spargelhof. In ihrem ersten Monat hier hat sie bereits rund 530'000 Kürbisse zum Glänzen gebracht. Die neue Waschanlage nimmt uns sehr viel Arbeit ab. Mit rund 2500 Kürbissen pro Stunde wäscht sie um einiges mehr als unsere alte Anlage.
Ausserdem kann die alte Maschine wirklich nur waschen. Das Trocknen und Polieren müssen Mitarbeitende übernehmen. Sortieren und Wiegen geht auch nicht automatisch: Die Kürbisse, die aus der alten Anlage kommen, werden nach dem Trocknen grob von Hand sortiert. Dann kommen sie in eine andere Lagerhalle, wo sie von einem anderen Team gewogen und nach Gewicht feinsortiert werden. Kein Wunder, dass der Hofleiter des Spargelhofs, Benjamin Keil, ein grosser Fan der neuen Waschanlage ist. Für ihn ist sie «ein Meilenstein in der Mechanisierung unserer Landwirtschaft».
Die Maschine hat uns etwa 250'000 Franken gekostet. Mit ein paar baulichen Massnahmen, die zusätzlich nötig waren, kommt das Ganze auf 330'000 Franken. Die massive Effizienzsteigerung mache das aber wieder wett, sagt Beni. Aber warum verarbeitet die neue Anlage nur 3 Kürbissorten? «Will man eine Maschine, die alles wäscht, hat man nirgends das ideale Ergebnis», erklärt er. Zu unterschiedlich sind die Formen der vielen Kürbissorten. Ausserdem wäre eine Maschine, die alle Kürbissorten wäscht, auch weniger schnell. Und so hat unsere alte Anlage doch noch etwas zu tun. In ihr waschen wir alle Kürbisse, die nicht zu unseren 3 Hauptsorten gehören.
Auch unseren Kunden scheint die neue Waschanlage respektive das Ergebnis, das sie liefert, zu gefallen. «Seit die Anlage in Betrieb ist, haben wir sehr viel positives Feedback bekommen», weiss Beni. Unsere Kürbisse wachsen und schmecken noch genau gleich, aber jetzt sind sie noch sauberer, haben weniger Schlagschäden und glänzen zusätzlich. Das Auge spielt eben auch beim Gemüsekauf mit.
Ioana etikettiert wie der Blitz
Genug Theorie. Jetzt will ich an der neuen Anlage mithelfen. Etikettieren wäre ein guter Job für mich, meint Beni. Schon habe ich einen Bogen mit Kürbisetiketten in der Hand und eine Kiste voll oranger Knirpse vor mir. Hauptsache fest draufkleben, damit sich die Etikette nicht wieder löst, lautet meine Instruktion. Die erste Etikette zerreisse ich in der Hitze des Gefechts prompt - ein guter Start. Dass Ioana neben mir ihre Kürbisse in einem Affenzahn abarbeitet, hilft auch nicht. Sie hat - zugegebenermassen - schon etwas mehr Übung als ich. Bereits seit zwei Jahren arbeitet sie während der Kürbissaison auf dem Spargelhof.
«Ein Wettetiketieren», schlägt Beni vor. Wie das wohl ausgehen wird? Ioanas Grinsen lässt es vermuten. Ich habe wohl noch nie in meinem Leben so haushoch gegen jemanden verloren. Ioana, Respekt! Nicht nur vor deinem Tempo, sondern auch davor, dass du mit deinen Kolleg*innen jeden Tag stundenlang an der lauten Maschine stehst.
Ein eher schlechtes Kürbisjahr
Auch wenn die neue Maschine ein grosser Gewinn für unseren Betrieb ist, 2024 ist ein verhältnismässig schlechtes Kürbisjahr. Das liegt vor allem am Wetter. Kürbisse haben im Frühling gerne milde Temperaturen, Sonne und gelegentlichen Regen. Das kalte, sehr nasse Wetter in der ersten Jahreshälfte gefiel ihnen gar nicht. Wir rechnen darum bis Ende Saison mit rund 20 bis 30 Prozent weniger Kürbissen, als wir in einem Durchschnittsjahr ernten würden. Anderen Betrieben, die Kürbisse anbauen, geht es genau so. Auch die warmen Sommertage konnten den frostigen Frühling nicht komplett kompensieren.
Da wir auch unsere Kürbisse möglichst regenerativ anbauen, experimentieren wir immer wieder mit neuen Methoden, um auf künstliche Pflanzenschutzmittel zu verzichten. Wie es dieses Jahr dem Unkraut an den Kragen ging, lest ihr hier.
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