Thanksgiving und Erntedank – so wird gefeiert
Am 28. November ist Thanksgiving, das US-amerikanische Erntedankfest. Klassisch trifft man sich dabei mit der Familie und schlägt sich den Bauch mit Truthahn, Preiselbeersauce und Pumpkin Pie voll. Die Idee, ein Dankesfest zu feiern dafür, was einem die Erde gegeben hat, ist uralt und auf der ganzen Welt verbreitet. Die Feste finden an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr statt - je nach Vegetationszyklus und Klimazone.
Heute, wo alles praktisch immer im Supermarkt verfügbar ist, mag es fernliegen, sich darauf zurückzubesinnen, dass andere Zeiten mit Ernteausfällen und Hungersnöten gar nicht so weit weg liegen. Wir als Landwirtschaftsbetrieb, der sich immer wieder mit dem Wetter, Schädlingsbefall, Mangel an Anbaufläche und anderen Herausforderungen konfrontiert sieht, finden das Erntedankfest eine schöne Tradition und wollen es darum einmal etwas genauer unter die Lupe nehmen:
DAS ERNTEDANKFEST IN EUROPA
In Europa ist das Erntedankfest in den meisten Regionen bereits vorbei. Es findet traditionell um die Tag- und Nachtgleiche am 23. September statt. Zur Zeit der Reformation, so scheint es, hat die Kirche diese Festtage kurzerhand an den christlichen Heiligen festgemacht. Und zwar irgendwann zwischen dem Bartholomäustag Ende August und dem Martinstag am 11. November. Auch heute noch werden während dieser Zeitspanne Erntedank-Gottesdienste abgehalten.
In Deutschland wird Erntedank seit 1972 - zumindest in der katholischen Kirche - jeweils am ersten Sonntag im Oktober gefeiert.
Schweizer Traditionen
Im Kanton Bern wird die Erntedank-Tradition noch intensiv gelebt. Immer Mitte September findet dort die bekannteste und grösste «Sichlete» statt - organisiert vom Bauernverband. Früher gab es zur Sichlete jeweils ein Festessen, zum Dank für Mägde und Knechte und alle anderen, die bei der Ernte (bei der Häufig Sicheln zum Einsatz kamen 😉 ) mitgeholfen haben. An der Sichlete stellen die Bauern auch heute noch ihre Produkte zur Schau. Zusätzlich zum Bauernmarkt gibt es eine Viehschau, Fahnenschwingen und andere folkloristische Darbietungen. Ebenfalls Teil der Berner Sichlete ist der feierliche Alpabzug.
Die «Brächete» wurde früher in vielen Schweizer Dörfern gefeiert. Sie drehte sich um die Ernte und Verarbeitung von Flachs. Der Brauch verschwand jedoch mit dem Aufkommen von günstiger Baumwolle. Einige Orte liessen das Fest aber wiederaufleben und feiern es heute noch.
Auch an Winzerfesten in der ganzen Schweiz wird die Ernte gefeiert. Das wohl berühmteste Fest zum Abschluss der Weinlese findet immer Ende September in Neuenburg statt. Strassenumzüge, Weinverkostungen und musikalische Darbietungen stehen auf dem Programm.
THANKSGIVING IN DEN USA
In den USA ist Thanksgiving mittlerweile das wichtigste Familienfest des Jahres. Während auch auf der anderen Seite des Atlantiks der Ursprung der Dank für die Ernte die Idee war, geht es heute viel mehr darum, allen Erfolg und alles Gute zu feiern und Zeit mit der Familie zu verbringen.
Der Ursprung von Thanksgiving soll auf eine denkwürdige Feier im Jahre 1621 zurückgehen. Zusammen mit den Wampanoag-Ureinwohner*innen sollen die Pilgerväter in Massachusetts ein dreitägiges Erntedankfest gefeiert haben. Ohne die Hilfe der Wampanoag hätten die Pilger den folgenden Winter nicht überlebt. Offiziell gilt dieses Fest als Ursprung für Thanksgiving. Ob es so wirklich stattgefunden hat, ist aber nicht belegt (Wikipedia.org).
Zum Nationalen Feiertag hat es Thanksgiving geschafft, als Abraham Lincoln ihn 1863 offiziell als solchen ausgerufen hatte. Heute ist Thanksgiving immer am vierten Donnerstag im November.
WARUM DER TRUTHAHN?
Das ist scheinbar nicht so klar. Es gibt verschiedene Theorien. Die plausibelste: Geflügel sei ebenfalls Teil der oben genannten Ursprungs-Feier gewesen. Truthahn war zu jener Zeit ein in Nordamerika sehr häufiges Geflügel, zu dem man leicht kam und das auch von den Ureinwohner*innen bereits domestiziert wurde. Dementsprechend war Truthahn relativ günstig. (Weitere spannende Hintergründe rund um den Truthahn, in Englisch: countryliving.com und wonderopolis.org).
Die Truthahn-Tradition aus den USA schwappt mittlerweile auf Europa über. Gemäss einem Artikel der Bauernzeitung vom November 2020 verkauft die Frifag jedes Jahr mehr Truthähne zu Thanksgiving.
Und was ist mit Kürbis?
Zu einem richtigen Thanksgiving Dinner gehört nicht nur Truthahn. Beilagen und Dessert dürfen beim Familienschmaus nicht fehlen. Zum gefüllten Truthahn gehört Preiselbeersauce. Klassische Beilagen sind ausserdem gekochter Kürbis, Erbsen, Süsskartoffeln und Mais. Auch beim Dessert kommt nochmals Kürbis auf den Tisch - nämlich als Pie. Häufig gibt es auch warmen Apfelkuchen.
Kürbis ist in Nordamerika ausserdem eine beliebte Thanksgiving-Deko. Auf der festlichen Tafel, vor der Haustür oder gleich im ganzen Haus werden Kürbisse aufgestellt. Häufig auch in Kombination mit Maiskolben, Kastanien und bunten Herbstblättern. Hier findet ihr unsere Kürbis-Deko-Tipps.
Thanksgiving in Kanada
Auch in Kanada feiert man Thanksgiving. Das Fest gilt in den meisten Regionen des Landes als Feiertag. Das kanadische Thanksgiving ähnelt jenem in den USA stark: Auch hier wird mit der Familie zusammen geschlemmt - Truthahn und Kürbis inklusive. Allerdings findet das Fest in Kanada vor dem im Nachbarland statt. Es ist immer am zweiten Montag im Oktober.
Auch der Ursprung der beiden Thanksgivings ist ein anderer. In Kanada soll er im Jahr 1578 liegen, als der englische Entdecker Martin Frobisher auf der Suche nach einer Passage Richtung Orient auf heute kanadischem Boden landete. Dort liess er aus Erleichterung über die überstandene Reise mit seiner Crew eine fette Sause steigen. Zu essen gab es damals Salt Beef und Erbsen.
Thanksgiving in weiteren Teilen der Welt
Auch ausserhalb von Europa und Nordamerika feiert man die Ernte und dankt der Natur für die Nahrung, die wir täglich konsumieren.
- In Ghana und Nigeria feiert man das Jams-Fest. Es findet nach dem Ende der Regenzeit - meist im August - statt. Gefeiert wird nicht das Ende der Ernte, sondern die bevorstehende Jamsernte. Die Wurzel ist eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel in den beiden Ländern.
- Im Süden von Mexiko wird «Guelaguetza» gefeiert. Dabei wird mit Musik und Tanz der Maisgöttin «Centeotl» gehuldigt. Das Fest ist immer Mitte Juli.
- Japan feiert am 23. November «Niinamesai». Im Rahmen einer shintoistischen Zeremonie opfert der Kaiser den ersten Reis der Ernte den Göttern der Religion. Landesweit pilgern Leute zu Shinto-Schreinen und es gibt Nachbarschaftsfeste.
- Auf Barbados gibt es ein Fest zum Ende der Zuckerrohrernte im Juli. Musik, bunte Kostüme und Tanz gehören dazu. Ausserdem wird jedes Jahr ein Erntekönigspaar bestimmt.
Übrigens: Das Grundgerüst für diesen Artikel hat Valérie 2018 geschrieben und veröffentlich. Merci! Wir fanden aber, dass es Zeit war, das Ganze ein bisschen zu überarbeiten und mit noch mehr Fakten zu Thanksgiving und Erntedank zu spicken.
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