Ein Tag im Obstbau
Nach vielen Monaten Pandemie und Homeoffice war der innere Drang gross, mal wieder eine Jobrotation zu machen. Die Idee: Einen Tag lang in einem anderen Bereich zu arbeiten um ein Gefühl dafür zu kriegen wie es anderen Mitarbeitern in ihrem Job ergeht.
Mich als Bürogummi zieht es wieder mal an den Puls der Produktion. Nach Einsätzen auf dem Spargelhof in Rafz, beim Obstbau auf dem Bächlihof, in der HofBäckerei Seegräben, in der HofManufaktur Jona und im EventTeam wollte ich dieses Mal in den Obstbau nach Seegräben, da hier aktuell doch viel Neues los ist.
Wetterglück
So stand ich also letzten Freitag um 7 Uhr auf der Matte. Das Wetter hätte besser nicht sein können: Trocken, aber nicht zu warm, ein laues Lüftchen und hier und da ein Wölkchen, das die Sonne, die ohne Wolken doch ordentlich runterbrannte, ab und an ausgebremst hat.
An diesem Tag stand eigentlich vor allem ein Projekt im Zentrum: Das Erstellen eines Weidentunnels im neuen Wildkulturgarten, der bei uns in Seegräben in Arbeit ist. Da der Wildkulturgarten künftig auch ein Erlebnis für Besucher bieten soll, investieren wir hier auch in gestalterische Elemente. Zudem kann der Weidentunnel künftig auch als Gerüst für allerlei Bepflanzungen dienen.
Doch bevor wir loslegten, holten wir erst die Rüstabfälle aus der HofChuchi, um sie ins Kompostbeet im Wildkulturgarten zu bringen. Hier wird nix verschwendet, sondern auf Teufel komm raus Humus produziert.
Ein Weidentunnel entsteht
Dann ging’s ans Weiden schneiden. Und hiervon haben wir auf dem Juckerhof beileibe genug – dachten wir. Nicht nur im Barfussbereich des ÖpfelGarte, auch rund um den Bewässerungsteich finden sich zahlreiche dieser wüchsigen Bäume. Weiden eignen sich am besten für allerlei Flechtwerk, da sie stabil und zugleich flexibel sind. Zudem wachsen sie unglaublich schnell wieder nach.
Eigentlich ist jetzt im Sommer nicht die richtige Zeit, um Weiden zu schneiden. Doch Weiden sind diesbezüglich wirklich sehr unkompliziert und verzeihen einem solch Frevel durchaus. Also haben wir drauflos gesägt und geschnitten. Die automatische Astschere hatte leider eine massive Ladepanne, so dass wir etwas mehr aus eigener Muskelkraft schaffen mussten.
Nach Gefühl
Für die Errichtung des Tunnels brauchten wir erst etwas stärkere Seitenrippen, die den Tunnel als Gerüst tragen sollten. Diese zu «ernten» war gar nicht so einfach. Praktikantin Gina, die schon etwas robuster im Anpacken war als ich, erledigte das. Doch vor Ort entpuppte sich die Ausbeute dann doch als zu spärlich, so dass sie eine zweite Runde im Dickicht drehen musste. Am Ende hatten wir es geschafft, ein «Mordstunnel» zu errichten – Petra hatte sich das wohl etwas kleiner vorgestellt.
Als alle 40 Rippen komplett waren galt es, sie oben auf richtiger Höhe zusammenzubinden. Gar nicht so einfach, wenn man einen halben Meter kleiner ist, als die Wunschhöhe. Nun denn, auch hier sprang Gina wieder ein, die rund 15 cm Bonus Körpergrösse mitbrachte und löste die verzwickten Fälle. Danach konnten wir mit dem Einflechten der dünneren Weidenzweige beginnen. Alle akademischen Ideen wurden kurzerhand verworfen als wir merkten, dass wir es hier mit einem Naturprodukt zu tun hatten: Nichts war gleich lang, alle unterschiedlich dick und so weiter. Also: Einfach machen, nach Gefühl.
See you next spring
So flochten wir und der Tunnel gewann zunehmend an Stabilität. Nach der Zvieripause – bestehend aus Erdbeeri, dem besten Schokokuchen der Welt und einem zünftigen Glas Süssmost – ging es weiter. Die Moral liess langsam nach. Die Qualität des Webmaterials auch. Allzu feine oder kurze Zweige wurden aussortiert und zur Abdeckung auf einen Erdhügel gebracht, damit die kommenden Regenfälle ihn nicht davonschwemmen würden – im Nachhinein eine kluge Entscheidung.
Gegen Abend schafften wir es dann tatsächlich bis auf Brusthöhe. Nur leider waren die Weiden für den Moment weitgehend abgegrast. So wie es aussieht, müssen wir den Tunnel halt im nächsten Frühling fertigstellen. Petra, ich komme wieder!
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