Das perfekte Wetter?
Pflanzen brauchen zum Wachsen Sonne und Wasser. Wenn beides in ausreichender Menge vorhanden ist, sollte auf den Feldern die Post abgehen und der Bauer ist happy. Könnte man meinen.
Aus meiner Sicht als Laie scheint dieser Frühling jedenfalls ziemlich perfekt gewesen zu sein. Es war recht warm und sonnig – bis auf den lästigen Kälteeinbruch im April. Und zwischendrin hat es immer mal wieder geregnet. Unser Bewässerungsteich in Seegräben ist gut gefüllt. Alles paletti also?
Wie ist das Wetter bisher aus landwirtschaftlicher Sicht dieses Jahr?
Ich habe bei uns in der Produktion nachgefragt, wie zufrieden die Verantwortlichen auf dem Feld mit dem Wetter sind. Und dort klingt es schon etwas anders.
Zack, ist sie wieder runter, meine rosarote Traumfrühlings-Brille.
Was für mich ein «etwas lästiger» Kälteeinbruch im April war, ging an der Front an die Substanz. Und zwar für unsere Teams in der Landwirtschaft, wie auch für alle Kulturen, egal ob Obstbäume, Gemüsesetzlinge oder Beerenkulturen.
Schwierige Achterbahnfahrt
«Wettertechnisch war dieser Frühling extrem stressig», sagt Röbi Portmann, Obstbauchef auf dem Juckerhof. Dies, weil die Schwankungen so extrem waren, wie noch nie. Dass man bereits im April von 28 Grad innert weniger Tagen mit Temperaturen um den Gefrierpunkt zu tun hatte, sei sehr herausfordernd gewesen. Innert einer knappen Woche habe man Sommertemperaturen, Hagel und dann Schnee gehabt. Das sei auch an den Pflanzen nicht spurlos vorbeigegangen. «Da bist du 24/7 einfach voll dran, um ja nicht den Moment zu verpassen. Vor allem, weil es so extrem wechselhaft war», sagt er.
Ähnlich klingt es in Rafz: «Wir hatten von Februar bis jetzt eigentlich immer Aprilwetter. Extrem wechselhaft und unberechenbar», sagt Valentina Gasser. An sich wäre ein Wechsel von Sonne und Regen schon gut, meint sie, aber die Temperaturschwankungen seien dieses Jahr klar zu extrem gewesen. Von zu hoch zu rasch auf zu tief. Und dann kam der Niederschlag auch noch in Form von Hagel. «Einfach völlig übertrieben», meint sie. Insgesamt war es tendenziell auch zu nass. Darunter würden vor allem die Erdbeeren auf dem Spargelhof in Rafz leiden. Wie auch schon in anderen Jahren seien die Erdbeeren heuer von Fäulnis betroffen. Der Start der Erdbeerensaison 2024 gestaltet sich deshalb schwierig.
Die erhöhte Feuchtigkeit merkt auch Röbi Portmann in Seegräben. Er habe einen massiv erhöhten Druck von Pilzkrankheiten. Auch an der Schädlingsfront ist er gefordert. Denn der milde Winter hat es nicht geschafft, die Nachkommen der Schädlinge zu eliminieren.
Selbst für Stefan Bächli, der fand, so schlecht sei das Wetter für die Kulturen auf dem Bächlihof in Jona gar nicht gewesen, gesteht ein, dass es wohl etwas zu nass war. Seine Obstbäume haben die Kapriolen relativ gut mitgemacht (er hat aber auch primär Kernobst auf dem Bächlihof). Für die Kirschen und Beeren werde es wohl aber schwierig gewesen sein.
Der Vorteil des nassen Wetters?
Grundsätzlich ist es sicher gut, dass eine gewisse Grundfeuchte herrschte, insbesondere für Jungbäume wie auch fürs Einsäen. Eine lange Trockenperiode, wie man es auch schon hatte, wäre auch nicht gut gewesen. Nur war es etwas zu viel des Guten.
Aber das war’s dann auch schon mit den Vorteilen des Hin-und-Her-Wetters. Und momentan sieht es nicht so aus, dass das es ein Ende haben könnte.
Doch wie müsste es denn sein, das ideale Wunschwetter, damit so ein Landwirtschaftsjahr möglichst gut über die Bühne gehen würde?
Wie wäre es denn, das perfekte Wetter?
Hierzu hätte Stefan Bächli schon einige Ideen: «Im Winter müsste es einige Tage lang deutliche Minusgrade geben. Einfach nicht mehr als -5°C, sonst wär’s wieder zu kalt. Dann im Frühling möglichst sonnig, mit 1x wöchentlich ordentlich Niederschlag, am besten nachts. Im Sommer dann schön warm, aber nicht über 30 Grad. Auch da wöchentlich 20-30 mm Niederschlag, allerdings am liebsten ohne Hagel. Und im Herbst dürfte es gerne 2-3 Wochen am Stück schön und trocken sein, damit man in Ruhe ernten könne.
Bei Valentina Gasser klingt’s ähnlich. So um die 18 Grad im Frühling, im Sommer so 25 Grad. Und «anständiges» Wetter im Herbst. Einfach keine so übertriebene Geschichten wie zweiwöchige Regen- oder Hitzeperioden, oder exorbitante Hagelgewitter. Sowas brauche niemand.
Die Achterbahn als Teil des Jobs
Röbi will sich nicht auf die Äste hinauslassen. Er wolle das Wetter gar nicht wählen können, sagt er. Drum mache er den Job als Obstbauer ja gerade. Alles andere wäre ihm zu langweilig. Zudem gebe es zu viele Faktoren, die den Erfolg der Ernte beeinflussen können. Er arbeite einfach mit dem, was er bekomme. «Es ist eine grosse Verantwortung, die man als Landwirt trägt. Schliesslich hängt die Produktion von Lebensmitteln davon ab, ob ich richtig entscheide. Wenn mir ein Fehler passiert, kann es sein, dass eine Ernte von 300'000 Franken flöten geht. Das ist schon viel Druck. Aber diese Verantwortung nehme ich gerne wahr.»
Ich bin ehrlich gesagt froh, dass ich einfach nur konsumieren darf und die einzigen Gedanken, die ich mir ums Wetter machen muss, die sind, ob ich heute einen Regenschirm mitnehmen muss, oder nicht.
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