Hört auf, Gala zu essen!
Auf das Risiko hin, einige Mitproduzenten zu verärgern: Wer eine Abneigung gegen Pflanzenschutzmittel hegt, der sollte aufhören Gala-Äpfel zu essen. Ob Bio oder nicht: Der Gala ist eine wahre Katastrophe was Pflanzenschutz anbelangt.
Gala wurde in den 1960-er Jahren hochgezüchtet und ist bis heute eine der beliebtesten Apfelsorten. Das hat sich auch in einer Umfrage gezeigt, die wir vor einigen Wochen auf dem Instagram-Account von Jucker Farm getätigt haben.
Gala war mit Abstand die am häufigsten genannte Apfelsorte auf die Frage, welchen Apfel die Leute am liebsten essen. Von 70 Teilnehmern nannten 29 Leute den Gala als Lieblingsapfel, die nächst häufige Nennung war Elstar (6 Nennungen), Cox Orange (5 Nennungen) und Braeburn (4 Nennungen). Insgesamt wurden 22 Sorten genannt, viele davon erhielten nur 1 Votum. Über 20% der Leute in unserer Umfrage bevorzugen den Gala, was sich in etwa mit den in der Schweiz angebauten Apfelsorten-Flächen deckt.
25% aller Äpfel sind Gala
Auf 3'786 Hektaren wurden in der Schweiz 2018 Äpfel angebaut (BLW; Obst- und Tafeltraubenanlagen der Schweiz 2018). Auf 947 HA davon Gala, auf 446 HA Golden Delicious, auf 333 HA Braeburn und auf 172 HA Jonagold. Das sind die häufigsten Sorten. Gala-Äpfel machen also über ein Viertel der Apfelproduktion in der Schweiz aus, was in etwa mit dem Bild unserer Umfrage deckt.
(Wieviel ist eine Hektare HA?)
Warum ist der Gala so populär?
«Er ist süss und langweilig. Aber die Leute essen das, was sie kennen», sagt Stefan Bächli, Obstbauchef bei Jucker Farm. Wenn es überall Gala gibt, kennen die Leute auch nur den Gala und mögen den am liebsten. Der Gala hat den Golden Delicious als Lieblingsapfel der Nation abgelöst. Mainstream im Obstbau wurde er, weil er mit Pflanzenschutz relativ einfach anzubauen ist, regelmässig hohe Erträge liefert und ganzjährig lagerfähig ist. An sich also auch für den Obstbauern ein absoluter Lieblingsapfel - wäre da nicht das Thema mit dem Pflanzenschutz…
Kränkelnde, anfällige Diva
Die Schattenseite der tollen Eigenschaften des Galas sind nämlich die generelle Anfälligkeit für Pilz, Schorf und Krebs. Zudem ist er etwas anfällig für Mehltau und zeigt manchmal nekrotische Blattflecken. Das hat zur Folge, dass der Gala sehr intensiv bewirtschaftet werden muss, will er es beim Grossverteiler in den Verkauf schaffen.
Fairerweise sei hier eines angemerkt: Rubinette, Golden Delicious, Jonagold und Braeburn sind keinen Deut besser. Bei diesen Sorten braucht es im Durchschnitt ca. 15 Anwendungen gegen Pilzkrankheiten, im Bioanbau mindestens 5 Anwendungen mehr. Eine resistente Sorte kommt mit 7-8 Anwendungen aus. In wettertechnisch schwierigen Jahren kommen noch einige Anwendungen dazu. Auch im Bioanbau.
Robuste Sorten, weniger spritzen
Will man also, dass möglichst wenig «gegiftelt» wird, dann sollte man Sorten konsumieren, die wenig anfällig für Schorf, Mehltau und Krebs sind. Oft sind das eben unbekanntere Sorten, die nur in kleinen Mengen angebaut werden. Ein Beispiel hierfür ist die noch junge Sorte Ladina, aber auch Bonita, Topaz und Galant. Dieses Sortenspektrum ist Obstbauchef Bächli jedoch zu klein. Er ist immer auf der Suche nach neuen, robusten Sorten: «Unser Baumbestand ist überaltert mangels Alternativen. Kommt eine neue, vielversprechende Sorte, können wir dafür schnell reagieren und davon gleich grössere Mengen anpflanzen.»
Gala «in Pension»
Bei Jucker Farm sind «nur» noch ca. 6-7 % der Äpfel Gala, rund 0.8 Hektaren. Die ältesten Gala in Jona wurden 1992 gepflanzt, die Jüngsten im Jahr 2010. Tendenziell ist das Ziel, alle alten Gala-Bäume durch neue, robuste Sorten zu ersetzen. Wie schnell dies geschieht, liege an den Hofladen-Kunden, sagt Stefan Bächli.
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PFLANZENSCHUTZTHEMA
Der Pflanzenschutz ist derzeit ein Thema, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Da wir hier nahe am Puls der Praxis sind, wollen wir aufzeigen, welche Problemstellungen sich täglich stellen und warum wir entscheiden, wie wir entscheiden. Damit der Konsument erkennt, wie seine Einkaufsentscheide die Art der Produktion beeinflussen.
In einem Übersichtsartikel fächern wir die verschiedenen Aspekte der Thematik auf. Momentan befinden wir uns in der Diskussion hier:
Ngala Helena
Ich träume noch heute von dem Hammerstein, den es nur beim Bächli gab.. Ich kaufte jeweils 2 kg und konnte endlos davon essen. Leider war er auch anfällig und sie haben alle Bäume ausgerissen. So muss ich bis heute ohne Hammerstein leben...😥
Stefanie Häberle
Danke für diesen Augen öffnenden Text! Das wusste ich nicht! Gala wird ab sofort von der Einkaufsliste gestrichen!
Gabi
Hallo
Da habe ich mich auch schon länger angeschlossen. Etwas so wichtiges ist das essen.
In den Kochschulen wird Praktisch nur noch Theorie unterrichtet ! Unglaublich Tragisch finde ich das.
Anstatt vom Garten / Metzgerei /Herkunft auf den Teller. Wo bleiben unsere Gourmets ?
Das ist keine Nebensache und der Stellen wert sollte sehr hoch sein.
Es liegt an uns Konsumenten wie vieles !
Auch ich habe mir von einem Jahr
Den «Züriöpfeli» Baum Hochstamm nach langem Suchen gekauft. Die Äpfel sind nicht sehr gross aber unheimlich gut.
Die Auswahl bei gross Konzern lässt schon lange einiges zu wünschen übrig !
Mann hat nicht die Einheimische Auswahl und viel wird mit Künstlicher Hilfe verändert.
Auch kaufe ich aus Prinzip keine China Ware im Nonfood etc.
Es lohnt sich zum Bauer zu gehen und an Markt ! Einheimisches sollte man fördern unterstützen und Raritäten wieder Pflegen und Förden ! Es sind Welten !
Auch wenn man etwas mehr Aufwand hat je nach dem.
Es ist nicht Teurer und die Seltenen Bäume, Pflanzen artgerechte Tierhaltung so wie die Natur würde es uns Danken !
Wie oft sehe ich eine Weide mit Kühen und anderen Tieren ohne einen Baum. Weshalb ?
Mag der Bauer nicht um einen Baum Mähen ? Alte Hochstämme könnte man doch Pflanzen. Fördert die alten Sorten, Tiere hätten etwas Schutz von Regen, Sonne
Und gleichzeitig wäre es ja noch Gesundes Futtermittel für die Tiere. Das Verstehe ich nicht.
Danke für diesen Artikel !
Andy Clausen
Ein Statement.
Zum stehen lassen.
Kann Mann sich denken.
Im Westen.
Einfluss nehmen.
Auch nicht einfach.
In so einem Hauptstädtchen.
Von Hellvetien.
Tobias
Leider kann ich nur das kaufen, was es auch tatsächlich zu kaufen gibt. Und das ist zumeist Braeburn, Pink Lady und Granny Smith. Außerdem gibt es solche Angebote wie "Apfel Rot", wo ich nicht weiß, was es dann tatsächlich für eine Sorte ist.
Im Online-Shop meines Supermarkts gibt es dann noch "Jazz Scifresh", "Pinova", "Wellant", "Cripps Pink", "Shampion", "Fuji" und "Moog"; von denen hab ich noch nie gehört - und ich weiß nicht, für welchen Zweck sie sich eignen.
Dominique
Cripps Pink wird üblicherweise unter dem Markennamen Pink Lady verkauft ;)
Nadine Gloor
Verständlich deine Verwirrung. Und deshalb kaufen ja auch so viele die altbekannten Sorten, wie eben Gala. Deshalb haben wir eine kleine Apfelsortenkunde gemacht: https://www.juckerfarm.ch/farmticker/bauern-lexikon/apfelsorten-kunde-teil-1/.
Simon
Man braucht nicht einmal eine Abneigung gegen Pflanzenschutzmittel zu haben, Gala ist einfach nur langweilig und man sieht es ihm von Weitem an. Zusammen mit Golden Delicious eine echte Plage. Im Grossverteiler kauft man nur mit Glueck einen guten Apfel. Ich mag die Sorte Topaz.
Valérie Sauter
Lieber Simon, ja gut, so drastisch würden wir es jetzt nicht formulieren ;-). Aber wir fänden es sicher toll, wenn sortenmässig wieder eine breitere Auswahl an die Leute käme.
Daniela
Ich bin absoluter Fan von Spartan, leider gibt es diesen Apfel kaum mehr zu kaufen beim Bauer, geschweige denn im Laden. Auch ältere Sorten die z.B.für Apfelmus/-Stückli ideal wären gibt es nicht mehr. Überall nur noch Gala, Pink Lady, Breaburn und Golden
Schade
Valérie Sauter
Liebe Daniela
Genau! Und genau deshalb schreiben wir solche Artikel. Weil es die Leute schlicht nicht wissen. Und dann könnten sie vielleicht wieder andere Sorten nachfragen. Aber natürlich braucht es viel, bis es wieder solche Sorten gibt. Es ist ein Anfang...
Anne
Super Artikel, könntet ihr die Info im Laden aushängen? Hab heute bei euch gemischte Äpfel gekauft und genommen was da war (wusste bisher nichts von der Nachhaltigkeitsproblematik der Sorten). Dann könnte man als Kunde eine fundiertere Entscheidung treffen :)
Vielen Dank!
Valérie Sauter
Liebe Anne, vielen Dank für deine tolle Idee. Aktuell ist die Auswahl der Äpfel auch gar nicht mehr so toll, als dass man hier als Kunde wirklich Einfluss nehmen könnte. Aber ja, wir haben auch schon mit dem Gedanken gespielt, solche Sachen anzuschreiben. Wir müssen nur noch einen cleveren Weg finden, WIE. Der Platz ist nämlich jeweils beschränkt und wir machen die Erfahrung, dass viele Kunden nicht so gerne lesen ;-).
Silke
Hallo zusammen,
dieser Artikel ist sehr informativ und wertvoll für unseren zukünftigen Apfeleinkauf und Konsum. Habe heute schon eine andere Apfelsorte eingekauft "Apfel Rubens".
Mit lieben Grüssen
Silke
Valérie Sauter
Liebe Silke, es freut uns sehr, dass der Artikel für dich von Nutzen war! Wir wollen längerfristig den nachhaltigen Apfel-Anbau fördern...