Kirschen rot, Spargel tot
Das Bauern-Sprichwort besagt, dass die Spargelsaison dann endet, wenn die Kirschen reif zum Pflücken sind. Und das ist in der Regel gegen Ende Juni der Fall. Genauer gesagt am 24. Juni.
WARUM GENAU AM 24. JUNI?
Der 24. Juni ist der Johannistag. Den hat man wohl gewählt, weil es einfach ein guter Zeitpunkt ist und dazu ein Tag, den sich alle merken können.
Theoretisch könnte man fröhlich weiter ernten, die Spargeln würden immer noch weiterwachsen. Allerdings würde dann die Knolle der Spargelpflanze, die tief unter der Erde liegt, immer mehr an Kraft verlieren. Und die nächste Saison sähe gar nicht mehr rosig aus. Die verbleibende Zeit benötigt die Spargelpflanze, um wieder Energie zu tanken und in den Wurzeln einzulagern. Nur so hat sie im Folgejahr genügend Power um anständig Spargelstangen zu produzieren.
Warum ist das so wichtig?
Anders als die meisten anderen Gemüse sind die Spargeln eine mehrjährige Kultur. Das heisst, sie stehen bis zu 10 Jahre an einem Ort, bevor an ihre Stelle eine neue Kultur tritt. Von der Pflanzung der kleinen Spargelsetzlinge dauert es 2 Jahre, bis die Spargelpflanze in den Vollertrag kommt - also die Menge abliefert, die sie soll. Danach bleibt sie weitere 8 Jahre stehen, bis ihre Kraft allmählich abnimmt. Bei mehrjährigen Pflanzen ist es besonders wichtig, die Pflanze längerfristig nicht auszulaugen. Man möchte ja möglichst lange gute Spargeln ernten können.
WAS HAT ES DENN AUF SICH MIT DIESEM JOHANNISTAG?
Das ist eigentlich der Geburtstag von Täufer Johannes, also wie so viele besondere Tage im Jahr eben biblisch begründet. Lustigerweise steht er in enger Verbindung mit der Sommersonnenwende, die zwischen dem 20. und dem 22. Juni stattfindet.
Die Tag- und Nachtgleiche wird seit dem 14. Jahrhundert als Brauch gefeiert, oft mittels eines Johannisfeuers, das Krankheiten, Dämonen und – für Bauern besonders wichtig - Viehschaden und Hagel abwenden soll. Dafür habe man symbolischerweise Strohpuppen ins Feuer geworfen («Hanslverbrennen»).
Heute machen wir hier kein Feuer mehr, sondern verlassen uns einfach darauf, dass sich unsere Pflanzen im Restjahr gut erholen können.
Was passiert mit den Spargeln nach dem 24. Juni?
Nach der Ernte wächst der Spargel weiter und stängelt auf (Nr. 1) . Sobald die Spargelpflanze nicht mehr geschnitten wird, treibt sie aus (Nr. 2). Es bildet sich Spargelkraut, das zu blühen beginnt (Nr. 3). Dabei wachsen kleine gelbe Blüten, die allerlei Insekten anziehen. Anschliessend wird das Kraut gelb (Nr. 4) und es bilden sich rote runde Beeren - Futter für Vögel. Das Kraut wird nicht geerntet, sondern es wuchert - mannshoch. Diese Ruhephase ist enorm wichtig für die Spargelpflanze - so hat sie wieder genügend Kraft für die nächste Saison. Durch Photosynthese wird nämlich der Wurzelstock mit Nährstoffen versorgt (Nr. 5).
Zwischen den Dämmen wächst die sogenannte Zwischensaat (Nr. 6). Mehr dazu in diesem Artikel: Was ist eine Gründüngung? oder hier: Spargel regenerativ angebaut
Im darauffolgenden Frühling wird das Spargelkraut geschnitten und gemulcht, dann werden die Spargeldämme neu aufgehäuft. Die nächste Spargelsaison kann starten!
Und so sieht das ganze in "echt" aus:
Kirschen rot?
Normalerweise sind ungefähr zur gleichen Zeit die Kirschen reif zum Pflücken. Natürlich kann dies wetterbedingt schwanken. Wie überall in der Landwirtschaft. Wenn der Mai und/oder Juni kühl und nass war, dauert es etwas länger, bis die ersten Kirschen reif sind. Wenn es lange schön und warm war, kann es vorkommen, dass die Kirschen schon einige Tage früher bereit sind zur Ernte.
Die Spargelsaison ist im Vergleich zu vielen anderen Kulturen eine eher kurze. Sie dauert plus/minus nur 3 Monate: Von April bis Ende Juni. Doch manch eine*r dürfte froh sein, dass sie irgendwann vorbei ist - dann kann man sich wieder auf die nächste Saison freuen ;-).
Wie geht es dir? Findest du, die Spargelsaison könnte ewig weitergehen, oder bist du froh, dass endlich was anderes kommt?
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